Wenn doch John Hughes noch leben und weiterhin Filme machen würde - über verliebte Highschool-Außenseiter, nicht enden wollende Sommernächte und die Aufgeregtheit vorm lang herbeigesehnten Abschlussball.
Aber vielleicht ist es auch gar nicht so schlimm, dass es keine Filme mehr von ihm geben wird; denn die Musik des Londoner Duos Summer Camp füllt die entstandene Lücke ganz wunderbar aus. Zwar ohne dessen visuell erfahrbaren Bilder, doch mit derselben Emotionalität und einer vergleichbaren Unbekümmertheit. Die Songs von Summer Camp transportieren ein tief bewegendes Gefühl von Nostalgie und Verletzlichkeit – herzzerreißend, abgefahren und einfach nur schön.
Dabei ist die Band eigentlich eher zufällig entstanden, quasi als kleines Geheimprojekt von Elizabeth Sankey und Jeremy Warmsley. Doch schon ihr allererster gemeinsamer Track, eine Coverversion des Flamingo-Klassikers „I Only Have Eyes For You“, ging voll auf und ließ bereits Großes erahnen. Und jetzt, einige Jahre später, liefern Summer Camp mit ihrer neuen EP den Soundtrack zu den adoleszenten Inhalten der angesprochenen John-Hughes-Filme. Sie zelebrieren hypnotisch anmutenden Dream-Pop, bestehend aus tintenfischfarbenen Seifenblasen und pudergezuckerten Melodiebögen aus Elfenbein. Musik für erste Küsse und pubertierende Schwärmereien. Für Liebe, Romantik und das Gefühl von nicht enden wollender Sehnsucht. Das melancholische „Ghost Train“ klingt nach dem warmen Sugar-Pop und Lo-Fi-Spirit von Girl Groups aus den 60ern, während das cineastische „Montgomery Avenue 1984“ wie das Snippet eines legendären Film-Klassikers anmutet, weil es trotz seiner kurzen Laufzeit den Vibe von Liebe und Verlangen heraufbeschwört. Diese Single signalisiert die Ankunft einer neuen, wahnsinnig talentierten Gruppe am Pop-Firmament und bietet eine Einführung in die bezaubernde Welt von Summer Camp.
Eine der nachhaltigsten Qualitäten von Musik liegt seit jeher in ihrer Fähigkeit zur Transportierbarkeit. Die besten Songs können dich mitnehmen, zurück beamen; zu einem außergewöhnlichen Moment, an einen ganz bestimmten Ort, zu einer ganz bestimmten Zeit. Solche Lieder können ganz besondere Momente in einem wiedererwecken. Wir gehen mit der Musik eine unaufkündbare Beziehung ein – auch (und insbesondere) mit den Stücken von Elizabeth Sankey und Jeremy Warmsley. Ihre wunderbar unverfälschten Pop-Juwelen klingen, als wären sie gerade erst in einer längst verschollen geglaubten Truhe auf dem Dachboden wiedergefunden worden. Funkelnd und glitzernd wie ein Schatz auf dem Grund des großen weiten Ozeans.
Bereits ihre Debüt-Single „Ghost Train“ hat von dieser Tatsache beeindruckend Zeugnis abgelegt. Auf ihrer neuen 6-Track-EP, adäquaterweise schlicht „Young“ betitelt, wird dieser Song nun re-releast und klingt darauf genauso sehnsüchtig, melancholisch und wundervoll wie eh und je. Aber „Young“ bereitet auch sonst durchweg Vergnügen – zum Beispiel mit dem süchtig machenden Smith-meets-Shangri-La-Kracher „Was It Worth It?“, dem mit tropischen Einflüssen aufwartendem „Why Don’t You Stay“ und dem prägnanten „Veronica Sawyer“.
Man muss sich ein akustisches Aufeinandertreffen der Arbeiten von Mike Leigh und John Hughes vorstellen, mit demselben Witz und derselben unterschwelligen Form von Resignation, und man wäre wirklich nah dran. Die EP enthält außerdem die nächste 7“-Single, das erhaben anmutende „Round The Moon“, das die Welt von Summer Camp im Kleinen widerspiegelt. Ein Meisterwerk, das klingt wie der beste Song zum Ende der Jugend, der bisher noch nicht geschrieben wurde. Die wirbelnden Keyboard-Harmonien a la Magnetic Fields und genauso simplen wie ergreifenden Lyrics lassen einem wahrlich das Herz aufgehen: „We danced all night and we held each other tight/till the morning light“.