Als sich 2006 vier Freunde zum ersten Mal in einem kleinen Club im Stadtkern von Lissabon zum Musikmachen trafen, hat wohl noch niemand von ihnen geahnt, dass sie nur wenige Jahre später zum erlesenen Kreis einer ausgewählten Gruppe von Leuten gehören würden, die den etwas angestaubt wirkenden Begriff “Weltmusik” umkrempeln werden – und ihn mal eben in das Coolste verwandeln werden, was man bis dato mit diesem Begriff verknüpft hat.
Inmitten der notwendig gewordenen und aufreibenden Globetrotterei, bei der die Band ihren unvergleichlichen Sound auf ausnahmslos allen wichtigen Festivals der Welt präsentierte, begannen sie mit der Arbeit an ihrem Debütalbum. Die erste Singleauskopplung hörte auf den verheißungsvollen Namen „Sound of Kuduro“, wurde Anfang 2008 veröffentlicht und featurete die angolanischen MCs Puto Prata und Saborosa sowie die sagenumwobene Spaßrakete M.I.A. Das dazugehörige Video wurde in Luanda und London gedreht und sorgte in der Blogosphäre für ordentlich Aufruhr, etwa 4.5 Mill. Viewers hat es bisher allein auf youtube zu verzeichnen. Ein würdiger Vorbote,
um die Leute auf die Veröffentlichung des hochexplosiven „Black Diamond“-Albums einzuschwören. Eine Platte wie ein Orkan, die der Band vollkommen zu recht den MTV Music Award als „Best Portuguese Act“ und eine Nominierung als „Best European Act“ einbrachte. Der Band war es gelungen, der Welt eines der spannendsten, bisher jedoch weitgehend unbeachteten Dance-Phänomene näherzubringen und Kuduro dadurch neues Leben einzuhauchen.
Nachdem 11 lange Monate hinter verschlossenen Türen hart gearbeitet wurde, kehren Buraka Som Sistema endlich in die Welt der Lebenden zurück und präsentieren ihr lang erwartetes zweites Album „Komba“ – eine inhaltliche und akustische Erkundung der eng verlaufenden Grenzen zwischen Leben und Tod im Soundgewand von Burakas wilder Musik.
Wie Kalaf nach dem explosiven und dunklen Opener „Eskeleto“ erklärt, ist Komba ein religiöses angolesisches Ritual. Ein Brauch, der sieben Tage nach dem Ableben eines Verstorbenen zelebriert wird; bei dem Freunde und Verwandte den Toten ehren, indem sie seine Lieblingsspeisen und –getränke zu sich nehmen, zu dessen Lieblingsmusik tanzen und sich durch das Erzählen von Lieblingsgeschichten gemeinsam an den Betroffenen erinnern. Die Ironie des Umstands, dass die beste Party deines Lebens erst dann stattfindet, wenn du tot bist und die Erkenntnis, dass man jeden Tag seines Lebens leben sollte als sei es der letzte, bilden den Rahmen für „Komba“. Ein Album voller Songs, die sich inhaltlich in dieses Gesamtkonzept einfügen und die Band – trotz Besinnung auf altbekannte Stärken wie Catchiness, Tanzbarkeit und einer gewissen Härte – musikalisch in neue Gefilde führen.
Drei Jahre lang waren Buraka Som Sistema permanent auf Tour, um ihr gefeiertes Debütalbum „Black Diamond“ zu promoten. Ein Umstand, der die ursprünglich als Studioprojekt angedachte Angelegenheit in eine reinrassige Band verwandelt hat. Und das hört man dem neuen Album in jeder Sekunde an. „Komba“ ist eine Platte, die tausende von Leuten auf Festivals und in Clubs auf der ganzen Welt tanzen lassen wird. Songs wie „Tira O Pe Or (We Stay) Up All Night“ bieten die perfekte Balance zwischen elektronischer Musik und der sagenumwobenen Live-Performance, mit der die Band ihr Publikum nach wie vor ins Schwitzen bringt. Der Umstand, dass Blaya (einer von Burakas Hauptmitwirkenden auf der Bühne) bei zwei Songs die Vocal-Parts übernimmt, belegen die natürliche Weiterentwicklung der Band. Eine Entwicklung, die die Suche der Band nach einem eigenen Sound spürbar werden lässt. Das ist mehr als „Progressiver Kuduro“. Das ist ein Ausdruck von Evolution und Relevanz. Das definiert sie als wahre Erforscher der urbanen Schmelztiegel in Portugal.
„Komba“ ist ein Album, dessen Bestandteile perfekt zusammenpassen. Sämtliches Songwriting wurde über den Zeitraum von 11 Monaten getätigt, beginnend mit einer einmonatigen Rückzugsphase in die fernen Wälder von Monchique im Süden Portugals, wo die Band Unmengen an Beats und Ideen zusammengetragen hat. Dort arbeiteten Buraka mit dem Produzenten Stereotyp zusammen, infolgedessen entstanden die ersten Skizzen zu den Stücken „Hangover (Bababa)“ und dem bizarren 90-BpM-Song „Vem Curtir“. Die Kollaboration mit Mixhell wiederum brachte den eindringlichen Beat hervor, der später zu „Macumba“ wurde. Und all diese gemeinsamen Erfahrungen der inspirierenden Zusammenarbeit waren so erfrischend und einzigartig, dass viele Demoversionen der dort entstanden Songs wie „Hypnotized“ oder das Instrumental zu „Eskeleto“ im Nachhinein gar nicht mehr großartig bearbeitet werden mussten – im Moment ihrer Entstehung waren sie bereits perfekt.
Mit einer Menge neuer Musik auf ihren Festplatten steuerte die Band dann die Londoner Red Bull Studios an, wo Gäste wie Afrikan Boy (auf „Eskeleto“) und Roses Gabor (auf „(We Stay) Up All Night“) ihren Teil zum Gelingen des Ganzen beigetragen haben. Mit überlaufenden Festplatten und den Köpfen voller Ideen machte sich die Band dann wieder auf den Weg nach Lissabon zu Enchufada, in deren Headquarter die Platte schlußendlich finalisiert wurde. Dorthin wurden auch die anderen Featuregäste wie Sara Tavares (auf „Voodoo Love“), Kaysha (auf dem Titeltrack „Komba“) und der bereits erwähnte Blaya (auf „LOL & POP“ sowie „(We Stay) Up All Night“) eingeladen, um der Platte den letzten Schliff zu verleihen.
Auf einer ihrer Reisen nach Südamerika entwickelte die Band zudem eine Faszination für die unnachahmliche Street-Art-Bewegung von Sao Paulo. Einer der Hauptakteure der dortigen Szene – der Brasilianische Künstler Stephan Doitschinoff aka Calma – bindet in seine Bilder häufig religiöse und heidnische Aspekte der südamerikanischen Kultur ein, was wunderbar zur inhaltlichen Ausrichtung von „Komba“ gepasst hat. Calma porträtiert den Mix spiritueller Veranlagungen auf ähnliche Art und Weise wie es Buraka auf musikalischem Weg durch die rhythmischen Einflüsse aus Afrika und denen des Westens tun. Logisch, dass eines von Calmas bekannten Bildern für das Album-Cover verwendet wurde. Buraka Som Sistema spielen Ende September 2011 übrigens auf dem legendären „Rock in Rio“ Festival, eines der größten Musikfestivals der Welt, wo in diesem Jahr um die 600.000 Zuschauer erwartet werden.
'Komba' is an "access all areas" pass for listeners to see life the same way Buraka does - 'Vem Curtir'!
BIOGRAFIE
João Barbosa (J-Wow) und Rui Pité (Riot) haben sich damals in der High School kennengelernt; in Amadora, einer Art Vorstadt von Lissabon. Kurzzeitig waren die Beiden bereits in dieser Zeit in einer gemeinsamen Band, hatten jedoch schnell die Schnauze voll vom ständigen Proben und dem Herunterspulen nerviger Konzerte. Ihre Vorstellungen von Musik sahen anders aus, und so haben sie sich kurzerhand einen Second-Hand-Sampler und einen Computer geschnappt und sich damit auf dem Dachboden eingeschlossen, um gemeinsam an ersten Beats zu basteln.
Sie fingen an, mit verschiedenen Künstlern aus der Lissaboner Musikszene zusammenzuarbeiten und lernten im Zuge dessen Andro Carvalho und Kalaf Angelo kennen. In diesem Viererverbund fingen sie an, sich für Kuduro zu interessieren – dem faszinierenden Dance-Music-Genre, das die Ghettos von Luanda im Sturm erobert und sich in den afrikanischen Clubs in Lissabon ausgebreitet hat wie eine Epidemie.
Zusammen fingen sie an, erste Kuduro-Instrumentals von Künstlern wie DJ Znobia, DJ Du Marcel und DJ Jesus zu editieren und zu remixen; die Ergebnisse spielten sie allmonatlich in ihrem Resident-Club Mercado. Das dortige Publikum hatte noch nie zuvor einen Fuß in einen afrikanischen Club gesetzt, wurde zum ersten Mal mit dieser neuartigen Form von Musik konfrontiert und rastete vollkommen aus. Buchstäblich. Alles war so neu, so frisch, so roh – etwas Vergleichbares war ihnen noch nie zuvor zu Ohren gekommen. Songs wie „Yam!“ und „Sem Makas“ wurden schnell zu lokalen Hits, die allerdings nur Eingeweihten vertraut waren. Es fühlte sich einfach besonders an: Der perfekte Club in der perfekten Stadt im perfekten Moment. Nach ein paar Monaten wurde der Club Mercado leider geschlossen; das Verlangen nach den unvergleichlichen Partynächten hatte jedoch nach wie vor Bestand. Und so fassten J-Wow, Riot, Andro und Kalaf den Entschluss, eine Band zu gründen, sich musikalisch Kuduro zu verschreiben und damit auf Tour zu gehen. Das Projekt nannten sie Buraka Som Sistema, benannt nach Buraca – einem von Amadoras elf Bezirken, Geburtsort von J-Wow und Riot und berühmt-berüchtigt für seine hohe Kriminalitätsrate.
Der erste Release der Band war „From Buraka to the world“ (2006), deren (zunächst auf lediglich 700 Stück limitierten) Exemplare bereits binnen weniger Wochen ausverkauft waren. Veröffentlicht wurde die EP auf Enchufada, dem Label, das einige Jahre zuvor von João und Kalaf gegründet worden war. Doch der Erfolg rief schon kurze Zeit später Sony Music auf den Plan, und so wurde die Platte mit dem Major-Riesen im Rücken und einigen Extra-Songs auf der EP ein paar Wochen später noch einmal komplett neu aufgelegt.
Myspace setzte kurz darauf eine Lawine in Gang, die ihre Songs über das Internet in die letzten Winkel der Welt transportierte, sodass die Tracks schließlich auch bei renommierten Plattendrehern wie Diplo und Sinden landeten. Die wiederum zeigten sich zutiefst beeindruckt von dem neuen Sound und bauten die Tracks stante pede in ihre DJ-Sets ein. Das war ungefähr zu der Zeit, als der Song „Yah!“ seine ersten Runden machte – ein Stück mit spärlichen 808-Drums und infektiösem Trillerbass, dessen mitreißender Off-Beat-Groove mit jeder vorgetragenen Line anbetungswürdig unterstrichen wird; viereinhalb Minuten von schier simpler Brillanz. Kein Wunder also, dass der Song ziemlich schnell zu einer kleinen Web-Sensation wurde. Das dazugehörige Video wurde über 1 Millionen Mal angeklickt – und das bei Produktionskosten von sage und schreibe 30 Euro. Das FACT-Magazin verlieh der Band sogar einen Award dafür – für die „12 Inch des Jahres“. Buraka Som Sistema hatten es geschafft. Sie hatten dem Szene-Lexikon ein neues Wort hinzugefügt: Kuduro.
Mit Hilfe von solchen Gästen wie Baile-Funk-Prinzessin Deize Tigrona auf dem Stück „Aqui Para Vocês“ und der angolanischen Scud-Rakete Pongolove auf der erfolgreichen „Kalemba (Wegue Wegue)“-Single gingen Buraka Som Sistema mit ihrem ersten Album direkt Platin – und zwar für die digitalen Verkäufe des Longplayers. Selbst DJ Znobia, einer derjenigen, die zu großen Teilen an der Kreation und Weiterentwicklung von Kuduro in Luanda beteiligt waren, hat an zwei Songs auf der Platte mitgewirkt („Luanda-Liboa“ und „Sound of Kuduro“) und der Band in seiner Funktion als Gründervater damit seinen Segen erteilt. Wie hieß es doch bei Pitchfork so schön: „’Black Diamond’ is one of the fiercest dance records in recent memory." Besser hätte man es kaum ausdrücken können.
Der Ruf, eine grandiose Live-Band zu sein, ist der Band immer schon vorausgeeilt – nahm im Zuge der „Black Diamond“-Tour 2009 aber naturgemäß noch zu. Selbst die New York Times und The Guardian schwärmten von der wahnsinnigen Bühnen-Präsenz des Quartetts und in The Fader stand zu lesen, der Besuch des Buraka-Som-Sistema-Konzerts wäre „one of the most jaw-droppingly effusive club moments“ des Autors gewesen. Und jeder, der die Band schon einmal live gesehen hat, wird wissen, was gemeint ist. Ob beim Coachella, dem Bestival, FujiRock, HardFest LA, HardFest NY, I Love Techno, Lowlands Festival oder dem Optimus Alive – die Live-Show von Buraka Som Sistema ist einfach legendär.
So umtriebig die Band auch war, das Jahr 2009 bestand nicht nur aus zahlreichen Auftritten. Die Jungs hatten sogar noch Zeit, ihre Website buraka.tv an den Start zu bringen und der wachsenden Fan-Gemeinde darüber ein kleines Geschenk zu machen: Das „The Blood Diamond“-Mixtape, eine etwas dunklere Version des „Black Diamond“-Albums, das in kürzester Zeit mehr als 50.000 Mal heruntergeladen wurde. Außerdem wirkte die Band an der bekannten „Fabric Live“-Serie mit („Fabric Live 49 – Buraka Som Sistema“), bei der stets eine kleine Anzahl an ausgewählten Live-Songs von Bands aus den entlegensten Winkeln der Erde einem größeren und vorwiegend westlichen Publikum vorgestellt wird.
Im September 2010 schloß sich die Band dann für einen Monat in einem Haus in den Wäldern von Monchique im Süden Portugals ein, um hochkonzentriert am sehnlichst erwarteten „Black Diamond“-Nachfolger zu arbeiten. Das war der Beginn eines langwierigen, elf Monate andauernden Prozesses, in dem die Band permanent zwischen Lissabon und London hin- und hergependelt ist und solche Leute wie Roses Gabor, Terry Lynn und Afrikan Boy zur Mitarbeit an „Komba“ verpflichtet hat. Die erste Singleauskopplung der Platte ist „Hangover (Bababa)“, eine Co-Produktion mit dem sträflich unterschätzen Beatmaker Stereotyp, und die Ausrichtung des Stücks war von vornherein klar: Den Sound von Buraka Som Sistema zurück in die Clubs zu bringen; und zwar mit der richtigen Mischung aus böse brummendem Bass, treibenden Beats und dem unwiderstehlich-eingängigen „Bababa“ in der Hook.
Drei Jahre lang waren Buraka Som Sistema permanent auf Tour. Ein Umstand, der die ursprünglich als Studioprojekt angedachte Angelegenheit in eine reinrassige Band verwandelt hat. Und das hört man dem neuen Album in jeder Sekunde an. Eine Platte, die tausende von Leuten auf Festivals und in Clubs auf der ganzen Welt tanzen lassen wird. Ein Longplayer, der die Suche der Band nach einem eigenen Sound dokumentiert und seine Hörer in jedem Track aufs Neue fündig werden lässt. Das ist mehr als „Progressive Kuduro“. Das ist ein Ausdruck ihrer Weiterentwicklung und Relevanz – stets auf der Suche nach dem „next big thing“.