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CD-DETAILS WHAT'S THE TIME MR WOLF? [NOISETTES, THE]

Noisettes, The

What's The Time Mr Wolf? [Rock / Alternative]


RELEASE: 13.03.2007


LABEL: Motown

VERTRIEB: Universal

WEBSITE: www.thenoisettes.com/

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Punks in Abendgarderobe, oder einfach gesagt: stilvoll und dennoch nichts für schwache Nerven.

Die Chance, auf einem Konzert der Noisettes gleichzeitig neben einem Punk und einem Jazz-Connaisseur zu stehen, ist nicht gerade gering: Die Band um die charismatische Sängerin Shingai Shoniwa ist in beiden Welten zu Hause.

Gefährlich wird es immer ganz besonders dann, wenn man sich durch Äußerlichkeiten täuschen lässt. Ist uns allen ja so gegangen, damals bei Pulp Fiction: Die beiden kaltblütigen Killer Jules und Vincent Vega mochte man auf Grund ihres stilvollen Auftretens, da störte es nicht weiter, wenn sie einem wehrlosen Opfer später das Gesicht wegschossen.

Die Londoner Noisettes lassen keinen Zweifel daran, dass hinter der Fassade und dem süßen Namen, der nach Schokoriegel klingt, eine zartbittere Überraschung wartet. Schon auf dem Cover ihres Debütalbums "What's The Time Mr. Wolf?" kommen die Drei aus einem Vampirgebiss auf die Showbühne gehüpft und wie kleine Hundewelpen wollen sie vermutlich zwar nur spielen, dass sie dabei aber auch kratzen und beißen, gehört dann eben dazu. Schließlich weiß man gerade im Unterhaltungsbetrieb oft nicht, wann genau der Spaß aufhört: War es vor oder hinter dem Vorhang?

Shingai Shoniwa weiß es vermutlich, aber sie würde den Teufel tun, es uns zu verraten. Die Sängerin der Londoner Band macht keinen Hehl daraus, dass selbst so etwas scheinbar Banales wie Punkmusik gleichsam großes Theater und große Kunst sein kann, wenn man es nur zulässt. Sie liebe es, wenn gerade Sänger oder Performer Charaktere erschufen und mit dem Publikum und seiner Erwartungshaltung spielen.
Die, die eine wüste Punkshow sehen wollen, wähnen sich auf einer Varieteveranstaltung, wer auf einen gepflegten Abend im Jazzkeller gehofft hat, wird von der ungehobelten und rotzfrechen Performance kalt erwischt: Stilvoll und dennoch nichts für schwache Nerven, wie ein Tarantino-Film.

Der New Musical Express, das britische Zentralorgan, wenn es darum geht, wöchentlich einen neuen Hype auszurufen, war dieses Mal sogar recht spät dran - zumindest für seine Verhältnisse. Gitarrist Dan Smith, Sängerin und Bassistin Shingai Shoniwa und der wenig später hinzu gestoßene Drummer Jamie Morrison, die sich 2003 als Noisettes zusammengetan und 2005 ihre erste EP "The Three Moods Of The Noisettes" veröffentlicht hatten, waren kaum auf der Bildfläche erschienen, da hatten sie schon prominente Fans, lange bevor die Presse davon Wind bekam: Muse, Bloc Party und Pete Dohertys Babyshambles zählten zu den ersten Verehrern, nicht die schlechtesten Referenzen für eine junge Band.

Vielleicht war es die ungeschliffene Punk-Attitüde, der naiv über das Ziel hinaus schießende Pop-Appeal oder einfach die Präsenz von Frontfrau Shoniwa, die der Ex-Skunk Anansie-Sirene Skin in Puncto Extrovertiertheit und Eyecatcher-Potenzial locker das Wasser reichen konnte und deren zwischen hauch-zart und hysterischem Schreien changierende Stimme sie zu einer Soul-Diva des Punk macht.

"Ich mag Sänger, die ihre Stimme wie ein Instrument benutzen. Ich liebe Nina Simones Stimme, sie klingt wie ein Tenorsaxofon. Sie hat sich nie an Trends oder aktuellen Geschmäckern orientiert und sich immer ganz dem Song und der Performance untergeordnet", hat sie kürzlich dem britischen Magazin House Of Tracks verraten, nachdem sie wieder einmal mit Björk, der Soulsängerin Erykah Badu und Billie Holiday verglichen wurde. Bestimmt gibt es böse Zungen die behaupten, eine derart talentierte Sängerin wie Shingai Shoniwa habe im schroff-rumpeligen Kontext einer Punkband nichts verloren. Diese mögen sich einmal den fast über die eigenen Füße stolpernden Opener "Don't Give Up", den sperrig-verspielten Ohrwurm "Scratch Your Name" oder das hymnische "Bridge To Canada" anhören, die zeigen, wie Punk und große Performance Hand in Hand gehen können, wie rotzig und kunstbeflissen zugleich dort agiert wird.

Das jazzige "The Count Of Monte Christo" passt eben genau deswegen ins Gesamtbild von "What's The Time Mr. Wolf?", weil ja schließlich doch alles erlaubt ist, wenn man es nur gut macht. Also, eben so wie die Noisettes.

Gewissermaßen sind The Noisettes ein guter Freund für alle Fälle. Eine Art Januskopf, mit dem man zuerst gepflegt ins Theater oder in einen Jazzclub gehen könnte, um dann zu vorgerückter Stunde und nach ein paar Drinks die Einrichtung in Stücke zu hauen und die anderen Gäste anzupöbeln. Je nach Stimmungslage kann beides zu einem gelungenen Abend beitragen, man muss nur entweder Punk oder Gentleman sein. Bestenfalls eben Punk mit Stil und teurer Abendgarderobe.

(Quelle: Universal Music Group, 2007)


FORMAT: CD


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