Foto: Universal Music International 2007
WEBSITE: www.arcadefire.com/
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Die Mitglieder der Band The Arcade Fire verbrachten den größten Teil des Jahres 2006 damit, Normalität zu suchen, eine Kirche zu einem Studio umzubauen und ein neues Album aufzunehmen.
In den zwei Jahren zuvor hatte die Band eine neue Ära eingeleitet, Musikgeschichte geschrieben, und eine kleine Revolution angezettelt. Es ist ein Märchen und noch dazu oft genug erzählt worden, aber wir dürfen hier kurz noch mal zusammenfassen: die bis dahin gerademal etwas mehr als ein Jahr alte, völlig unbekannte Band veröffentlichte im September 2004 ihr Debut Album „Funeral“ auf einem geschmackvollen Kleinstlabel aus North Carolina. Es bedurfte lediglich einiger weniger hysterischer Kritiken im Internet (und das war noch im prä-Blog Zeitalter!) und eine Lawine kam ins Rollen, die Arcade Fire in rasender Geschwindigkeit ans Licht der Öffentlichkeit katapultierte. Dabei war das interessanteste Element in der Entwicklung, dass die Platte nur etwa 50 % der wahren Qualitäten dieser Band offenbarte. Das Lauffeuer, die Mund-zu-Mund-Propaganda vom sensationellen Album, lieferte sich dabei ein heißes Kopf an Kopf Rennen mit den schwärmerischen Konzertberichten einiger Weniger, die schon eine Show der Gruppe gesehen hatten. Und so rannten The Arcade Fire von Rekord zu Rekord, aus Club wurde Saal, aus Saal wurde Halle, aus Halle wurde Riesen-Festival, das alles binnen kürzester Zeit. An keinem Punkt wurde ein Marketingplan geschrieben, eine Werbekampagne erdacht oder einer bestimmten Strategie gefolgt. Die Band verbrachte schlichtweg eineinhalb Jahre im Laufschritt, hinterließ Legionen von neuen Fans vor den Bühnen dieser Welt und alles schien einfach so zu passieren. Radiosender in den USA, die sonst ausschließlich über Payola funktionieren, begannen ihre Songs zu spielen, und die Hörerreaktionen waren so stark und direkt, dass sie bis heute nicht damit aufhörten. David Byrne, David Bowie, Eric Clapton, Bono, alle wollten was von Arcade Fire. Die Band war ununterbrochen umgeben von einem gigantischen Zirkus an Medien- und Industrieaufmerksamkeit, und ließ doch scheinbar alles an sich vorüber ziehen. Am Ende waren weltweit eine Million Platten verkauft ohne jemals hoch in irgendwelchen Charts platziert gewesen zu sein, und die Musikgeschichte war um eine wichtige Neuerung reicher: Arcade Fire waren die erste Band, lange vor den Arctic Monkeys und Konsorten, die rein und ausschließlich ob ihrer Einzigartigkeit, ihrer Großartigkeit und ihrer einmaligen Qualitäten von einem Publikum geradezu gierig aus dem Internet aufgesogen wurde, und dabei (Absatzkrise hin oder her) Platten verkaufte wie nur wenige andere noch. Unterwegs suchte sich die Band einen findigen Manager, der begann ihre Geschäfte zu ordnen, einen Limes um sie zu ziehen und ermöglichte ihnen, trotz dieses neuen Lebens im Zoo, wieder kreativ zu werden und endlich ein zweites Album aufzunehmen. Ende der Nacherzählung.
Heute nun legen The Arcade Fire auf ihrem eigenen Label Sonovox endlich ihr zweites, von ihren Fans sehnsüchtigst erwartetes Album „Neon Bible“ vor. Eine Platte, die alle Versprechen des Vorgängers endgültig einlöst, die die (Toll)Kühnheit dieser Band endlich in angemessene Form bringt, und nebenbei die Kunstform des „Albummachens“ in Sachen Inhalt, Verpackung und großer Geste zu neuen, ungeahnten Höhen bringt. Und wenn morgen ein völlig unbedarfter Irgendwer, der noch nie von dieser Band gehört hat, mit dieser Platte in einen Raum gesperrt wird, so wird er nach 47 Minuten als ein anderer, ein glücklicherer Mensch durch die Tür kommen. So können Platten sein. Es kommt nicht mehr so oft vor, gar viel zu selten eigentlich, aber so können Alben sein, und so können Bands sein. The Arcade Fire sind einfach so außerordentlich großartig, weil sie die kolossalen Gefühle, Leidenschaft, Leid und Liebe auf umwerfend direkte und unpeinliche Art in ihrer Musik ausdrücken und damit den geradlinigen Weg in die Phantasie ihrer Hörer gefunden haben*. Klingt echt pathetisch, stimmt. Fühlt sich aber super an.
NEON BIBLE erscheint am 2. März 2007 auf SONOVOX via City Slang/Universal, auf CD und LP.
(Quelle: Universal Music Group) FORMAT: CD
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