"Es ist nicht das, was man sagt, es zählt, was man dabei fühlt", heißt es in einem der neuen Lieder von Max Herre. Dass es nicht schaden kann, wenn man seinen Gefühlen auch eine durchdringende Lyrik, die ideale Stimme und einen berührenden Sound gibt, ist auch klar.
"Ein Geschenkter Tag" ist der beste Beweis. Das zweite Album des zum Sänger und Songschreiber erwachsenen Freundeskreis-Frontmanns Max Herre beschreibt seine künstlerische und menschliche Entwicklung in poetischen Episoden, die so persönlich wie allgemeingültig sind. Direkt, echt, leidenschaftlich und verdammt gut singt Max Herre ungeschmückte Lieder aus dem Leben, die mit Stift, Papier und Gitarre innerhalb der letzten zwei Jahre entstanden sind.
"Der Tag ist kühl, ich bin klar, alles da und endlich nehm' ich's wahr" singt er auf seinem neuen Album. Das wirkt wie ein Motto, wie eine einfache, aber grundlegende Erkenntnis - es klingt schlicht nach dem Prinzip "Hoffnung", das sich seit nunmehr weit über einer Dekade wie ein roter Faden durch Max Herres Schaffen zieht. Die Musik transportiert dieses Gefühl, ganz natürlich und selbstverständlich. Dieses akustisch gehaltene, sehr homogene Album ist ein logischer Schritt in der Laufbahn eines Musikers und Texters, der seine Stimme wie kaum ein Zweiter in seiner Generation nutzt, um Geschichten zu erzählen - manchmal sozialkritisch, immer persönlich.
Schon als 12-Jähriger hat sich Max Herre an der Gitarre versucht und erste kleine Songs geschrieben. Dann kamen Reggae und Soul und später Hip Hop und deren faszinierende Interpretationen von "A-N-N-A" über "Leg Dein Ohr Auf Die Schiene Der Geschichte" bis "1ste Liebe" von seinem Solodebüt "Max Herre", das ihn im Jahr 2004 auf Platz #1 der Albumcharts brachte. Ziemlich gegen Ende dieses Albums fand sich das Lied "Alter Weg", ein nur mit Gitarre und Kontrabass instrumentierter Folksong, der die neue Richtung stilistisch vorankündigte. Fast fünf Jahre später kam der kühle Tag, an dem Max Herre alles klar war. "Es war ein langer Prozess. Aber letztlich habe ich mich auf das besonnen, worauf sich für mich alles runterbrechen lässt, auf das, was ich letztlich schon immer gemacht habe: Ehrliche Texte und Musik", sagt Max Herre. "Dazu gehörte dieses Mal aber auch Überwindung. Ich musste mich erstmal trauen, das, was ich wirklich empfand, in meiner Musik zuzulassen. Ich musste eine Sprache finden, die meine Emotionen transportiert, ohne mein Privatleben zur Schau zu stellen. Und schließlich musste ich mich trauen, die Gitarre wieder in die Hand zu nehmen. Mir wurde klar, dass ich das, was ich zu erzählen habe, am besten mit Gesang und Gitarre ausdrücken kann".
Unterstützt wurde Max auf dem Weg zum neuen Album von einigen langjährigen Weggefährten, wie Frank Kuruc, Sékou Neblett und nicht zuletzt seinem Label-Kollegen Clueso. Im März wurde "Ein Geschenkter Tag" dann in nur einer knappen Woche eingespielt, komplett live mit Max' neuer Band, einem Quartett aus Pianist Roberto Di Gioia, Frank Kuruc an der Gitarre, dem Bassisten Christian Diener und Schlagzeuger Earl Harvin, der "besten Band, die ich mir für diese Songs wünschen konnte". Produziert hat Max Herre das Album gemeinsam mit Nesola-Künstler und Studio-Partner Samon Kawamura.
"Ein Geschenkter Tag" ist nicht nur gelebte Geschichte, sondern vor allem ein unprätentiöses Zusammenspiel von Klängen und Worten - eine außergewöhnliche Harmonie von Gefühl und Ausdruck. Gleich zu Anfang eröffnet der "Blick Nach Vorn" eine positive Perspektive. Es macht Hoffnung, wenn Max Herre von Sehnsucht und Zielen singt und dabei von seiner höchst musikalisch aufspielenden Band kongenial unterstützt wird. Im satirisch-politischen Titelsong ist nicht nur in der Musik, sondern vor allem auch im Text eine enorme Aufbruchstimmung zu spüren. Der Protagonist der Geschichte ist "ein Tagedieb" und nicht der Typ, der vorneweg läuft, damit man ihm folgt. "Es ist eine humoristische, tragikkomische Story über Einen, der nicht so richtig reinpasst, Einer, der gegen Konventionen verstößt". Und alle Anderen genau damit mitreißt und zum Mitmachen ansteckt. Musikalisch wirkt dieses Lied, wie im Übrigen das gesamte Album, mehr wie eine perfekte Live-Aufnahme, als eine modern ausproduzierte Studioaufnahme. Nicht zuletzt dadurch transportiert sich die Poesie und Seele von Max Herre in den Liedern so unmittelbar.
Soviel ist sicher: "Ein Geschenkter Tag" ist nicht jene Art öffentliche Verarbeitung einer gescheiterten Beziehung, die vielleicht manch einer erwartet hätte. Das soll nicht heißen, dass dieses Thema tabu ist. Ganz im Gegenteil: Es wird lyrisch be- und verarbeitet; dabei jedoch nicht zu offensichtlich und eher durch poetische Bilder. So zum Beispiel in "Scherben", einem Ohrwurm mit einem der emotionalsten Momente dieses sehr emotionalen Albums: "Ich lass dich los und du lässt mich auch, vielleicht verstehen wir's irgendwann". In den dunkelsten Momenten hingegen, legt sich; "Staub...auf alles drauf, meine Seele meine Haut / macht mich stumm, macht mich taub / und all das, woran ich glaub', wird zu Staub". Aber dann, wenn die Nacht am tiefsten ist, naht der neue Morgen: "Du kommst raus, der Tag ist hell, blickst nach vorn, versuchst ihn scharf zu stellen", singt Max Herre.
Das ganze Album wirkt wie "Ein Geschenkter Tag", der im Titelsong ungeplant im September aus dem Kalender fällt - unverhofft und voller Hoffnung und dabei völlig selbstverständlich. Die Grundstimmung dieser großartigen Liedersammlung bringt Max in "Blick Nach Vorn" noch einmal auf den Punkt: "Du siehst, mit jedem Stückweit, das Du kommst, verschiebt sich auch Dein Horizont". Mit Worten kaum schöner auszudrücken, aber mit Texten und Musik schon. Hier, bitte: "Ein Geschenkter Tag".
(Quelle: SonyBMG, 2009)
FORMAT: CD
Zurück zur Übersicht
|