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Demis [Pop]
WEBSITE: www.demisroussos.net
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„Sänger meiner Generation bringen für gewöhnlich Platten mit Cover-Songs oder Neuaufnahmen ihrer größten Hits im Duett mit hippen jungen Künstlern von heute heraus. Ich wollte es stattdessen lieber alleine machen.“
Nach vier Jahrzehnten des Erfolges, nachdem er seine Spuren in der Geschichte des Rocks mit Aphrodite’s Child hinterlassen und eine unvergleichliche Weltkarriere gestartet hat, ist Demis Roussos nun zurück – „Back to the roots, back to the tracks“.
Seine neue Platte ist ein Rock-Album, das einem nicht nur die legendären Hits von Aphrodite’s Child wie „Rain And Tears“, „It’s Five O’Clock“, „I Want To Live“ oder „End Of The World“ wieder ins Gedächtnis ruft, sondern auch das gegenwärtige britische Rock-Soul-Revival. „Ich gehöre nicht in diese großspurige Show-Welt der grenzenlosen Vielfalt“, erklärt Demis. „Ich bin ein Rocker.“
Ohne Zweifel, Demis Roussos ist eine der großen Stimmen des Rock. Als sich die 60er Jahre ihrem Ende zuneigten, war auch er es, der den Soundtrack zur Revolution mitgeschrieben hat, die zu dieser Zeit gerade stattfand („Rain And Tears“ wurde 1968 in Paris aufgenommen!). Seine Progressive-Rock-Band Aphrodite’s Child war lange genug präsent, um 239 TV-Auftritte zu absolvieren, drei Alben aufzunehmen (inklusive dem experimentellen Konzeptalbum „666“, einem Schlüsselwerk in der Geschichte der Rockmusik) und zum ersten Mal zwei griechische Pop-Künstler einer breiten Öffentlichkeit vorzustellen – den Sänger Demis Roussos, sowie den Komponisten und Keyboarder Vangelis Papathanasiou, den viele namhafte Künstler wie Enemy Of The Sun, Morgan Geist oder Röyksopp für ihr eigenes Schaffen als große Inspirationsquelle nennen.
Nach dem Abenteuer mit Aphrodite’s Child hat Demis Roussos einen ebenso erfolgreichen Solopfad eingeschlagen, bei dem ein Hit auf den anderen folgte („My Reason“, Forever And Ever“, Goodbye, My Love, Goodbye“, „I Need You“, „Lost In Love“ etc.) und Demis 50 Millionen Platten verkauft hat. In einem Dutzend verschiedener Sprachen trug er seine Stücke vor, sodass in den 70er Jahren praktisch niemand an dem großen Griechen mit der sanften Stimme vorbeikam.
Doch dann kam der Exzess und der berauschende Wahnsinn, der so viele Karrieren in den 70er Jahren ergriffen hat: „Es war wie ein Wirbelsturm: Erfolg, Geld, Ruhm, der Druck der Plattenfirmen – und dann die ersten Zweifel. Es war wie ein Krieg im Innern“, erinnert sich der 63-jährige heute. Aber bereuen tut er davon nichts. „Man kann nicht bereuen, 50 Millionen Menschen glücklich gemacht zu haben.“
Demis Roussos hat sich des Öfteren eine Auszeit genommen. So ist er beispielsweise für eine Weile in die USA gezogen – natürlich nicht, ohne auch dort ein Album aufzunehmen, das es direkt in die amerikanischen Top 40 geschafft hat. Für einen Europäer war das zu dieser Zeit keine Selbstverständlichkeit. Auch einem Stück aus dem vielfach ausgezeichneten Science-Fiction-Klassiker „Blade Runner“ von 1982 (mit Harrison Ford in der Hauptrolle) lieh er seine Stimme – den Soundtrack dazu hatte schließlich sein alter Weggefährte Vangelis komponiert.
Einer der wohl denkwürdigsten Erlebnisse des wahrlich nicht erlebnisarmen Lebens des Demis Roussos war ein Flug von Athen über Rom nach London, als eine Gruppe Libanesischer Islamisten einen Tag vor seinem 39. Geburtstag die Maschine entführte. Die Entführer zeigten sich beeindruckt von ihrer prominenten Geisel und sangen Demis zu seinem Ehrentag mitsamt der Besatzung und Passagiere ein Geburtstagsständchen, das er wohl seinen Lebtag nicht vergessen wird.
Nachdem er wieder heil nach Europa zurückgekehrt war, begann Roussos damit, einen ganz neuen Stil zwischen New Age und einer traditionellen Instrumentierung aus allen fünf Kontinenten zu entwickeln. „Diese Art der Musik stand mir meines Erachtens nach besser zu Gesicht, war aber leider weniger erfolgreich.“
In dieser Zeit traf er den Produzenten Marc di Domenico, der maßgeblich für den großen Erfolg von Chambre Avec Vue verantwortlich gezeichnet und damit Henri Salvadors Karriere einen neuen Schub verpasst hat. „Marc hat mich aufgeweckt“, sagt Demis über di Domenico, der unlängst auch solche Künstler wie Micky Green und BB Brunes entdeckt hat. Marc stellte Demis einige junge, talentierte, aber noch weitgehend unbekannte Songwriter wie Picci, Almo und Nenad Barbulovic vor, und so konnte er ihn nach mehreren Jahren ohne Plattenveröffentlichungen davon überzeugen, zu seinen Wurzeln zurückzukehren und wieder ein richtiges Rock-Album aufzunehmen.
Nachdem sie gemeinsam einen Weg gefunden hatten, dem traditionellen Sound im Stile der Beatles und Aphrodite’s Child einen modernen Anstrich zu verpassen, ging es darum, gleichgesinnte Musiker für die Studiosessions zu finden. Schnell stieß man dabei auf die Mitglieder von Little Barrie und Dirty Feel, namentlich Virgil Howe am Schlagzeug, Lewis Reuben Wharton am Bass, Nicholas Ryness Hirsch an der Gitarre und Jessica Lauren an den Keys. Das sich aus dieser Ansammlung großartiger Musiker schnell auch Roussos Live-Band formte, war im Zuge dessen nur die logische Konsequenz. Aufgenommen wurde das Album letztlich bei Terry Britten in Richmond, der bereits Stücke für Michael Jackson, Tina Turner und Lenny Kravitz geschrieben hat.
Im Herbst werden Demis und seine neue Band selbstverständlich auch auf Tour gehen, inklusive zweier Shows im ehrwürdigen Grand Rex in Paris und im Olympia in Athen. Dort wird man dann nicht nur in den Live-Genuss der neuen Stücke kommen, sondern sicherlich auch alte Aphrodite’s Child-Songs und sämtliche Klassiker aus Demis Roussos Back-Katalog zu hören kriegen. Zudem arbeitet Demis Tochter und Managerin Emily Roussos derzeit an einer filmischen Autobiographie ihres Vaters, die vielleicht auch noch 2009 fertig gestellt wird.
Dieses Jahr darf man sich also getrost auf die ein oder andere Überraschung einstellen…versprochen.
(Quelle: Stephan Velten, Check Your Head, 2009)
FORMAT: CD
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