WEBSITE: www.dashboardconfessional.com
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„Tom Petty, Bruce Springsteen, Neil Young und Pearl Jam – das sind diejenigen Musiker, die mich schon immer am stärksten beeindruckt haben. Zu ihnen blicke ich auf“, erklärt Chris Carrabba, der kreative Kopf von Dashboard Confessional. „Sie machen einfach nur das, wonach ihnen der Sinn steht und folgen ihrem Herzen –, und sie bewegen sich mit ihrer Musik immer wieder auf neues Terrain. Wenn ich mir diese Jungs genauer anschaue, dann denke ich, `Wie machen sie das bloß? Woran haben sie sich im Verlauf ihrer Karriere orientiert; und daran gekoppelt: Ist dieser Fixpunkt vielleicht auch derjenige Punkt, den ich mit meiner Musik anpeile?´“
Mit der Veröffentlichung seines vierten Albums „Dusk and Summer“ unterstreicht der in Boca Raton (Florida) ansässige Carrabba, dass er schon längst kein Newcomer mehr ist, sondern ein gestandener Künstler. „Dusk and Summer“ ist ein deutliches Statement, ein bezeichnendes Album, das zugleich den bisherigen Höhepunkt in der beeindruckenden Karriere von Chris markiert: Während es einerseits eine Rückkehr zum überbordenden Sound einer kompletten Band ist, zu denjenigen Aufnahmen also, die Carrabba schon vor seiner Dashboard-Zeit veröffentlichte, ist sein neues Album zugleich das freidenkerischste und innovativste seiner gesamten Laufbahn.
„Als ich Dashboard vor sechs Jahren ins Leben rief, war das eine Reaktion auf die Bands, in denen ich zuvor gewesen war“, erklärt Carrabba, wobei er sich konkret auf die Bands Vacant Andys und Further Seems Forever bezieht. „Damals brauchte ich etwas anderes..., alles sollte einfacher ablaufen.“ Während die besagten Bands alles daransetzten, mit ordentlicher Lautstärke den Raum zu füllen, hatte Carrabba genau das Gegenteil im Sinn: Er wollte sich von überflüssigem Ballast befreien, den Sound aufs Nötigste reduzieren und seine Emotionen einzig mit seiner Stimme und der Gitarre transportieren.
Der Entschluss, diese klangliche Richtung einzuschlagen, war nicht nur überaus smart, sondern markierte zugleich den Beginn eines neuen Lebensabschnitts. Nachdem er mit „Drowning“ eine erste EP aufgenommen hatte, veröffentlichte Carrabba sein Debütalbum „The Swiss Army Romance“ im Jahr 2000. Im Handumdrehen konnte er auf eine beachtliche Fanbase blicken, die zu jener Zeit vor allem aus Punk- und Indierock-Kreisen stammte. Ein ganzes Jahr auf Tournee führte schließlich zu immer größeren Konzerten bzw. größeren Bands, für die er im Vorprogramm auftrat, und nach und nach stellte sich das Gefühl ein, dass da noch mehr gehen sollte.
Als im Jahr 2001 der Nachfolger „The Places You Have Come to Fear the Most“ auf Vagrant erschien, wurden auch erstmalig Rockfans außerhalb des Untergrundsektors auf Dashboard Confessional aufmerksam. Die Mainstream-Hörer wurden hellhörig. Während „Screaming Infidelities“ schon bald zu einer viel diskutierten Hymne avancierte, konnte Carrabba unter der Dashboard Confessional-Flagge schon 2002 den heiß begehrten MTV2-Moonman in der Kategorie „Künstler des Jahres“ in Empfang nehmen.
MTV veranstaltete ein „Unplugged-Special“, das bald darauf auch unter dem nahe liegenden Titel „MTV Unplugged V2.0“ als Live-Album erscheinen und schon nach wenigen Wochen Platin-Status erreichen sollte. Und endlich tauchte sein Dashboard Confessional-Projekt auch in der einschlägigen Presse auf – u.a. Rolling Stone und Spin –, nachdem die Redakteure erkannt hatten, dass bei Dashboard-Konzerten tatsächlich jeder einzelne Song Wort für Wort von den Fans mitgesungen wurde, wobei das Publikum die Konzerte manchmal sprichwörtlich an sich riss. So entwickelte sich jeder einzelne Auftritt zu einer unerwarteten Mischung aus Arena-Rock und Erweckungszusammenkunft.
„Es fühlt sich immer so an, als ob ich und mein Publikum eine Verfolgungsjagd veranstalten“, setzt Carrabba an. „Die Grenzen zwischen dem, was auf der Bühne passiert, und dem Geschehen im Zuschauerraum lösen sich auf. Dabei ist es ganz egal, ob ich nun eine große Show spiele oder in einem kleinen Club auftrete –, jedes Mal entsteht diese ganz besondere Energie. Ich fühle mich dann immer unfassbar lebendig.“
Auf der „Summers Kiss“-EP (2002) und dem Erfolgsalbum „A Mark, A Mission, A Brand, A Scar“ aus dem Folgejahr, begab sich der Sänger dann erneut in klangliche Gefilde, die eine komplette Band erwarten ließen, wobei er mit der Stromgitarren-Neuauflage seines älteren Songs „Hands Down“ und mit dem Track „Vindicated“ gleich zwei Hits landen konnte. Letzterer erschien auf dem Soundtrack zu „Spiderman 2“ und kletterte bis auf den 2. Platz der US-amerikanischen Rock-Airplay-Charts, während er auch die Top-40-Grenze der Verkaufscharts knackte.
Es folgten weitere Tour-Aktivitäten, inzwischen entweder als Headliner in großen Arenen oder aber im Vorprogramm von U2, dazu gab’s einen von MTV organisierten Special-Gig, in dessen Rahmen Carrabba REMs „Automatic for the People“-Album in Coverversionen ummünzte und erstmalig an der Seite von Michael Stipe auftrat. Doch auch diese Projekte sollten sich nur als Wegbereiter für das herausstellen, was noch kommen sollte.
„Als ich mich an die Aufnahmen für dieses Album machte, war mir gleich zu Beginn klar, dass ich meine Soundpalette erweitern wollte. Das Ziel war, alle möglichen Klangregionen zu erforschen“, erklärt er. „Und das lag gar nicht mal daran, dass ich mich wieder dazu entschlossen hatte, mit einer kompletten Band zu arbeiten. Schließlich schreibe ich nach wie vor alle Songs, alle Rhythmen und Instrumentierungen im Alleingang. Ich hatte einfach Lust darauf, mich auf Neuland zu begeben.“
Als sich Carrabba also im Jahr 2004 an die Arbeit machte, sorgte er schon frühzeitig dafür, dass auch der passende Produzent mit von der Partie war, und so engagierte er mit Daniel Lanois eine Legende, die zuvor bereits mit U2 und Bob Dylan gearbeitet hatte. Die Herangehensweise war dabei gänzlich anders als bei den Vorgängern: Stets auf den Augenblick bedacht, entstanden die Songs in spontanen Momenten der Inspiration, und auch die Aufnahme-Sessions waren alles andere als durchstrukturiert. Obwohl Chris diesen Weg zum ersten Mal einschlug, gingen daraus nicht nur unglaublich ergiebige Sessions hervor, sondern auch absolut innovative Klanglandschaften, die dann zu Songs umgeformt wurden. Als eigentlich schon alles im Kasten war und Daniel zum nächsten Projekt eilte, entschloss sich Chris, noch einen weiteren Song aufzunehmen. Also rief er Don Gilmore (Pearl Jam, Linkin Park) hinzu und stürzte sich – völlig ungeplant – in ein regelrechtes Schreib-Gelage, das vier Tage dauerte und ganze sechs Songs hervorbrachte. Letztlich sind es diese Songs, die den Kern des neuen Albums bilden. So blieb ein ganzer Haufen von dem Material, das er mit Daniel aufgenommen hat, in der Schublade, weil es thematisch doch nicht aufs Album gepasst hätte.
Anstatt jedoch, wie man vielleicht denken könnte, als heilloses Durcheinander zu enden, strotzt das neue Album einfach nur vor klanglicher Vielfalt: Schon die erste Single „Don’t Wait“ könnte ohne Probleme als der beste Song, den Carrabba jemals geschrieben hat, durchgehen, wenn er über keifenden Gitarren und krachenden Drums „to lay your armor down“ (deutsch: die Rüstung ablegen) summt, um dann in eine Hook aus „Ooohs“ und „Aaahs“ umzuschalten, die unfassbar catchy ist und ihn fast schon in die Nähe von Bono katapultiert.
Doch kann dieser Track natürlich nur einen Aspekt dessen offenbaren, was auf dem Album versammelt ist: „Reason To Believe“ ist ausgesprochen aggressiv, „Stolen“ gleitet mit Streichern und Synths dahin, und „Slow Decay“ macht sogar einen Abstecher in überaus heftige Noise-Gefilde (Textbeispiel: „I’m not dead but I should be.“/deutsch: „Ich lebe noch, sollte aber tot sein.“) Am anderen Ende des Klangspektrums kann man schließlich das wunderschöne, von einem Klavier dominierte „So Long, So Long“ ausmachen, bei dem Adam Duritz von den Counting Crows als Gastvokalist aushilft.
„Ich habe Adam vor ein paar Jahren beim `Bridge School Benefit´-Wohltätigkeitskonzert in Mountain View kennen gelernt“, berichtet Carrabba. „Uns war damals schon klar, dass wir irgendwann zusammenarbeiten würden, und schließlich schlug Adam einen Song für mein neues Album vor.“
Seltsamerweise ist dieser Song „Dusk and Summer“, ein „klassisch“-akustisches Dashboard-Stück, auf dem zugleich der Albumtitel basiert. „Ich wusste, dass ich ganz kurz vor Abschluss der Aufnahmen noch einen Song schreiben würde, der alle anderen verbindet. Na ja, so kam es dann auch: `Dusk and Summer´ ist dieser Song“, erklärt Carrabba. „Die Grundstimmung dieses Songs ist dermaßen bejahend, dermaßen affirmativ, dass dadurch die gesamte Ausrichtung des Albums noch einmal perfekt auf den Punkt gebracht wird.“
Als das Album dann schließlich (tatsächlich) im Kasten war, machte sich Carrabba sofort daran, Pläne für die nächste ausgiebige Tour zu schmieden: „Es ist schon seltsam: Unsere Fanbase bestand zunächst nur aus College-Kids, aus Jugendlichen. Dann wurden sie noch ein bisschen jünger, und schließlich kamen auch ältere Fans dazu. Inzwischen kann man sie kaum noch eingrenzen“, setzt er an. „Ich glaube, dass es daran liegt, dass sie alle bei unseren Konzerten willkommen sind. Ich würde niemals versuchen, meine Fans auf irgendeine Art zu formen oder sie in Schubladen zu packen – sobald man damit anfängt, hat man ein echtes Problem.“
Auch wenn es sich zumindest teilweise um eine Rückkehr zu dem Sound seiner Anfangstage handelt, sagt Carrabba, dass er keinen blassen Schimmer hat, wohin die Reise mit „Dusk and Summer“ gehen wird. „Ich bin mir ziemlich sicher, dass es noch weitere fünf bis zehn Jahre dauern wird, bis ich wirklich Fuß fasse“, erklärt er abschließend. „Ich bin fest davon überzeugt, dass alles im Leben in Zyklen abläuft. Irgendwann wird der Punkt kommen, an dem ich wieder alleine mit der Gitarre auf der Bühne stehe. Und doch hoffe ich, dass die Leute auch mit dem neuen Album etwas anfangen können – auch wenn ich gar nicht genau sagen kann, was dieses neue Album eigentlich ist. Es handelt sich um neue Ideen, das steht fest. Und es geht immer noch um das, was mir am Herzen liegt. Es sind nach wie vor meine Songs. Nur handelt es sich bei `Dusk and Summer´ um eine andere Route, die ich einschlage, um zum Ziel zu gelangen.“
Eine Route übrigens, die Carrabba und Co. indirekt auch nach Hessen führte: Denn vergangenen Monat haben Dashboard Confessional die kommende Single „Stolen“ noch einmal mit der deutschen Überflieger-Band Juli aufgenommen! Die Band um Sängerin Eva Briegel, selbst seit geraumer Zeit Fans von Dashboard Confessional, hat somit den perfekten Moment abgepasst – schließlich wollte der Songwriter-Chef die Klangpalette für das kommende Album so oder so erweitern. Das Resultat dieser unerwarteten Kollaboration ist vor allem eines: Ein sicherer Kandidat auf den Sommerhit 2007.
Derzeit befinden sich Juli in den USA, um gemeinsam mit Dashboard Confessional das Video zu „Stolen“ zu drehen, was die aus Gießen stammende Band bereits auf ihrer Website kommentierte: „Also heißt es für uns: Ab in das Land der unbegrenzten Möglichkeiten, das Land, in dem einem rindergroße Steaks direkt vor das Auto fallen, wo Tellerwäscher Millionäre sind, wo ein Mann noch eine Waffe tragen darf und 70-jährige Frauen aussehen, als ob sie Teenager wären. Das wird ein Spaß!“ Der Sommer kann also endgültig beginnen.
(Quelle: Universal Music Group, 2007)
FORMAT: CD
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