Foto: Martin Becker
WEBSITE: www.alexconti.de
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Alex Conti, das Rockgitarren-Alpha-Tier aus Berlin hat alles gesehen, auch alles gespielt. Schon mit 17 Jahren wurde er Berufsmusiker, tourte mit Curly Curve in England und ersetzte 1974 Dieter Bornschlegel an der Gitarre bei Atlantis, eine überaus populäre Band mit Sängerin Inga Rumpf. Gleich 1975 gingen Atlantis als Support auf US Tour, im Fahrwasser von Aerosmith und Lynyrd Skynyrd. Aus dieser Zeit stammen zwei Alben mit Alex Conti, „Ooh Baby“ und „Atlantis Live“, danach wechselte Alex Conti als rechte Hand Detlef Petersens zu Lake. 1976 veröffentlichte die Band ihr Debütalbum, das nicht nur in Europa, sondern auch in den Staaten erfolgreich war, so dass Lake in den darauf folgenden Jahren stetig in den USA tourten. 1980 verließ Alex Conti Lake, die sich 1988 auflösten, doch seit 2002 ist die Band – mit Alex – wieder aktiv und für 2010 ist sogar ein neues Lake-Studioalbum eingeplant.
Nach Lake ging Alex Contis Suche solo weiter, zwei Soloalben wurden veröffentlicht – „Conti“ (1982) und „Continued“ (1984), übrigens konsequent mit vier Lake-Mitstreitern an Bord. Contis Formation Rosebud lotete die Möglichkeiten eines Power-Trios aus, Inga Rumpf wurde zu diesem Zweck fürs ähnlich harte Rockship-Projekt ins Boot geholt. Dazwischen Zusammenarbeit mit Herwig Mitteregger auf dessen Alben „Immer Mehr“ (1985) und „Blinder Passagier“ (1987).
Gleichzeitig bewies Conti, dass er 15 Jahre lang der Hamburg Blues Band die nötige Aufmerksamkeit und vor allem intensiven Input zukommen ließ (vier Alben, unzählige Auftritte). Der „Berlin Blues“ (2000) entstand als launiges Mallorca-Projekt mit dem Berliner Gitarren-Blutsbruder und Maffay-Söldner Frank Diez. Und bei „Rorymania“ (2007) half Conti mit einem smart gestalteten Tribute an Rory Gallagher dem Kollegen Richie Arndt in die erste Garde der Clubszene.
Doch etwas nagte an Alex. „Back to the roots“ wollte er – die reine Gitarrenlehre ohne 16 Fußpedale wieder entdecken: „Nur mit meiner Gibson Les Paul, alter Fender Telecaster und meinem historischen Super Reverb.“ Gleichzeitig war dem routinierten Conti aber auch danach, mal ein ganz neues Wagnis anzugehen: ein Coveralbum mit Instrumentals. Auf dem vorliegenden „Shetar“ huldigt Alex Conti den von ihm verehrten Musikern und vor allem Musikerinnen (allein dreimal Madonna!), indem er deren Melodien im „Hank-Marvin-Mellow-Tone“ sensibel und geschmackvoll bearbeitete. Als Unterstützung hat er ein hochkarätiges Trio eingeladen, das sich sehen und hören lassen kann (unmöglich hier alles aufzulisten, wo diese Musiker schon mitgemischt haben!):
Matthias Ulmer an den Keyboards (Heinz Rudolf Kunze Band, Anyone’s Daughter, etc.)
Raoul Walten am Bass (Westernhagen, Heinz Rudolf Kunze, Anyone’s Daughter, Mitteregger & Friends, etc. etc.)
Peter Kumpf an den Drums (Anyone’s Daughter, Leo Sayer, Harold Faltermeyer, etc.)
Hätte die EU-Geschmackspolizei einem Alex Conti einen Madonnaschen Abba-Riff zugestanden? Kaum. Was bei „Hung Up“ zwischen Philly-Sound, hartem Rockgroove und sauberem Les-Paul-Ton abgeliefert wird, überrascht auch den Skeptiker. „Nothing Compares To You“ von Prince bzw. Sinead O’Connor ist u. a. auf der spanischen Akustikgitarre der Ehefrau eingespielt worden und einfach schön; großartiger Drumeinsatz von Peter Kumpf, dann der Wechsel zur elektrischen Gitarre. „Chain Reaction“ ist purer Soul à la Motown, gleichzeitig 100% Conti pur. Und schließlich zwei Kabinettstücke: „Black Velvet“ von Alannah Myles – wie Alex Conti sich von zartestem Streicheln bis zu ekstatischem Strangulieren an den Saiten empor schaukelt und mit Twin-Harmonies à la Wishbone Ash zaubert, ist allergrößtes Können! Großes Finale schließlich mit Swing, Pfeffer und „Bei mir biste schön“. Der jiddische Standard wurde 1937 durch Sammy Cahns Arrangement zum Welthit. Alex gab „Scheen“ den Effekt-freien Alex-Conti-Touch, dann hauchte er dem Evergreen im zweiten Teil jenen Klezmer-Touch ein, den es ursprünglich besaß. Als Gast am Piano: Freund Hugo Egon Balder.
(Quelle: Maren Kumpe, Music Matters, 2010)
FORMAT: CD
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