People & Things [Pop]
Hiermit möchten wir euch „People & Things“ vorstellen – das wundervolle neue Werk von Zeep aka Nina Miranda und Chris Franck. Gemeinsam haben die beiden in London sesshaften Musiker ein frisches und markantes Pop-Album eingespielt, das seinen eleganten Zeh nach und nach ganz grazil in all die musikalischen Pools taucht, die sie zuvor bereits als Da Lata sowie Smoke City und ihrer Hit-Single „Underwater Love“ (aus der bekannten Levi’s-Werbung) durchschwommen haben.
Zeep haben bereits in Venues wie der Queen Elizabeth Hall in London und bei Festivals auf der ganzen Welt gespielt, darunter das Womad Festival, Blue Note und Glastonbury. Sie sind mit einer fünf- bis sechsköpfigen Band aufgetreten und haben intime Akustiksets in kleinen Clubs gespielt. Nicht zu vergessen die zahlreichen nennenswerten Kollaborationen mit Leuten wie Tony Allen, Baaba Maal, Ernest Ranglin, Sly And Robbie, Vieux Farka Touré, Nitin Sawhney, Jah Wobble, Femi Kuti oder Bebel Gilberto.
Doch anstatt sich mit dieser Erfahrung und Reputation einfach treiben zu lassen, zieht es Zeep nun in neue vielversprechende und spannende Gewässer.
Fans von Zeeps Debütalbum (der Times zufolge eine DER Platten 2007) werden sich im akustischen Planschbecken von „People & Things“ dennoch sofort zuhause fühlen. Bereits der leicht windschiefe, aber dennoch sehr eingängige Opener „Elasticated Master Peace“ umspült die leicht wippenden Hüften wie eine Erinnerung an alte Zeiten. Nicht anders ergeht es einem beim futuristisch anmutenden Downtempo-Rock von „Light Your Touch“ oder dem abgedrehten Bossa Nova-Tune „Just A Little Bit“. Doch es werden auch gänzlich andere Ufer angesteuert, wie auf dem quälenden Beziehungsdrama „Desert“. Ein cineastisches Stück, das auf beinahe schwindelerregende Weise Elemente des Spaghetti-Westerns mit der Verspieltheit von Disco kreuzt. „Hidden Surprises“ führt Zeep ebenso in ungeahnte Tiefen, wenn es inhaltlich um die zerstörerischen Auswirkungen geht, die Eifersucht und Ego auf eine Beziehung haben können.
Am deutlichsten wird das gewachsene Selbstbewusstsein der Band aber wohl auf der waghalsigen Neuauflage des Specials-Klassikers „Ghost Town“, bei dem die jamaikanischen Reggae- und britischen Pop-Elemente des Originals zwar beibehalten, dessen unheilvolle Bedrohung durch die textliche Übersetzung ins Portugiesische aber vor allem auf die innerstädtischen Spannungen des heutigen Rios übertragen werden kann. Eine angemessene Würdigung hat die neue Version sogar schon vor Veröffentlichung des Tracks erhalten: Und zwar durch das enthusiastische Mitwirken des Specials-Gründers Jerry Dammers.
Der Titel des Albums mag auf den ersten Blick minimalistisch anmuten, doch wenn man sich mal etwas ausgiebiger mit den Lyrics von „People & Things“ beschäftigt, passt er wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge. Das Hauptaugenmerk liegt auf uns Menschen, aber es geht genauso um die Beschäftigung mit all den verschiedenen Dingen, die uns umgeben in dieser verrückten und sich ständig verändernden Welt. Die Platte dreht sich um das urbane Leben im 21. Jahrhundert wie um die Menschen, die es gar nicht erst bis hierhin geschafft haben. Man nehme nur mal das mitreißende „Heads You Win“ und seiner Erkenntnis, dass alles gut werden kann, wenn man es schafft, seinen Kopf über den Wolken zu tragen. Oder das herzzerreißend schöne „Know More Now“, auf dem sich Nina auf bewegende Art und Weise einige Fehler der Vergangenheit eingesteht und die Abwesenheit ihres Vaters bedauert. Zuspruch und Beifall ernten Zeep dafür vom brasilianischen Künstler Luiz Aquila, der etwas später auf dem Album erscheint und den sehr experimentell geratenen Song „Abstrata“ durch eine Spoken Word-Performance einleitet.
All das zusammen führt zu einem fulminanten Comeback und einer Platte, die nicht nur großartige Musik mit sich bringt, sondern sich auch erfolgreich und gekonnt jeglicher Kategorisierung entzieht. Ein Album, das tiefgründig, anspruchsvoll und inspirierend ist, aber gleichzeitig auch leicht wie eine Feder.
Man muss also kein Hellseher sein, um vorauszusagen, dass man das Wort „Zeep“ in diesem Jahr noch einige Male hören wird. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.
(Quelle: Sven-Erik Stephan, Beatsinternational, 2009)
FORMAT: CD
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