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CD-DETAILS I STARTED OUT WITH NOTHIN ANDSTILL GOT MOST OF IT [SEASICK STEVE]

Seasick Steve

I Started Out With Nothin Andstill Got Most Of It [Rock / Alternative]


RELEASE: 24.04.2009


LABEL: Warner Music International

VERTRIEB: Warner Music Group

WEBSITE: www.seasicksteve.com

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60 Jahre musste der Mann werden, bevor er sein erstes Album aufnehmen konnte - dafür kam es dann umso dicker: Nach dem Debüt Cheap (2004) und dem Nachfolger Doghouse Music (2006) erlangte SEASICK STEVE den Erfolg, den er schon lange verdient hat: Weltweite Anerkennung, Platz 2 in den UK-Indie-Charts und ein MOBO als „Breakthrough Act“ im Jahre 2007.

Nun taucht er wieder auf: Der kauzig-bärtige Bluesmann, der die Höhen und Tiefen des Lebens so dicht vor sich gesehen hat wie kaum ein anderer. Sein drittes Album heißt I Started Out With Nothin And I’ve Still Got Most Left Of It, und spielte sich auf Anhieb in die UK-Top-10. Und jüngst flatterte ihm auch noch die Nominierung für den BritAward 2008 ins Haus.

Sein Ruf eilt SEASICK STEVE voraus: Der Mann, der den größten Teil seines Lebens auf „Tippeltour“-verbracht hat. Weitgereister Busker, Gelegenheitsarbeiter, klassischer Hobo, der lieber mal auf einen Güterzug springt, bevor er zu lange an einem Ort bleibt. Nicht alles von dem, was man erzählt, stimmt auch, aber das meiste davon passt hervorragend in das Bild, das er vermittelt. Ein eigenwilliger Individualist, der in Jools Hollands Musik-Show Late allein mit seiner Gitarre und einem bodenständigen Bluesriff ein Publikum hypnotisiert, das nicht einmal halb so alt ist wie er. STEVE nimmt es gelassen: „Die Kids, die in meine Show kommen, wissen nichts von Charley Patton oder Son House. Das einzige, was sie wissen: es rockt.“

Und das tut I Started Out With Nothin And I Still Got Most Left Of It mehr als reichlich. Selbst die Delta-geprägten akustischen Songs, die sich mit elektrifizierten Blues’n’Boogie-Rockern auf dem Album die Hände reichen, stecken voller unbändiger Energie und besitzen eine unwiderstehliche Kraft, die sowohl den Bluesfreund als auch den Indierocker mitreißt. Aufgenommen wurde das Album in Wymondham in Norfolk mit Unterstützung von Drummer Dan Magnussen, der als Teil der Level Devils auch schon an Cheap mitarbeitete. Weitere Performances kommen vom Lord des Neo-Blues, Nick Cave, der gleich seine Grinderman-Band mitbrachte. Eine bessere Kooperation könnte man sich gar nicht vorstellen, und so I Started Out With Nothin And I Still Got Most Left Of It zeigt, dass der Blues immer noch lebt und pulsiert.

Steve Wold wurde irgendwann in den Neunzehnvierzigern in Oakland, in der San Francisco Bay Area, geboren, gerade in jener Zeit, als die weißen Kids die schwarzamerikanische Musik entdeckten. Sein Vater Gene spielte Piano in einer Boogie-Woogie-Band, aber STEVE war es nicht gegeben, in die Fußstapfen seines Vaters zu treten. Er lernte zwar ein bisschen Klavier, „aber meine Hände waren viel zu klein, um damit irgendwo hinzukommen“. Mit sieben Jahren hatte er zum ersten Mal eine Gitarre in den Händen, in die er sich sofort verliebte. „Das Ding haute mich um. Wie es schon aussah. Sie war so groß wie ich, aber als ich sie sah, wusste ich, dass ich Gitarre spielen wollte.“ Sein Daddy war damit zufrieden und besorgte ihm Unterricht bei KC Douglas, einem Sideman von Mississippi-Bluesman Tommy Johnson.

Nach der Scheidung seiner Eltern lebte STEVE bei seiner Mutter. Aber die psychotische Gewalttätigkeit ihres neuen Lebenspartners gab ihm den Rest: „Ich kam an den Punkt, wo ich dachte: ich leg diesen Kerl um, wenn er so weiter macht.“ Stattdessen packte er seine Sachen und brannte mit 13 Jahren durch. Den Rest seiner Jugend verbrachte er auf dem harten Weg: Er jobbte als Tagelöhner auf Farmen und Jahrmärkten und machte alles, um ein paar Dollars zu verdienen, ohne Papiere vorzeigen zu müssen. Wenn er weiter musste, dann auf einem Güterzug oder per Anhalter. Und natürlich gab ihm auch die Obrigkeit dann und wann einen Platz zum Bleiben - an einem Ort, den man Gefängnis nennt, oder „Juvenile Detention Centre“, wie die Cops das nennen. „Ich wollte gar kein Hobo sein“, so STEVE. „Ich weiß, es haben eine Menge Leute Bücher darüber geschrieben, wie cool das ist, aber ich wollte immer nur abhauen. Und das war die einzige Route, die mir offen stand.“

Mit 16 begann er, als Straßenmusiker über Land zu ziehen. „Es war ziemlich schwierig, Geld damit zu verdienen. Aber je mehr ich spielte, desto weniger wollte ich unter Brücken schlafen.“ Unglücklicherweise wurde der Blues dann bekanntermaßen vom Rock’n’Roll überrannt und STEVEs Musik wurde einfach altmodisch. „Der Country Blues war eine tote Sache in Amerika. Er hatte ein kleines Revival in den Sechzigern, als sie diese ganzen alten Mississippi-Musiker ausgruben. Aber die fanden sich bald in miesen Jobs in Wäschereien oder für Eisenbahn-Linien wieder.“
STEVE ging es nicht anders. In den Siebzigern schlug er sich so durch und versuchte seine damalige Frau und ihre beiden Söhne mit Jobs über Wasser zu halten. Eine zeitlang ging er nach Europa und tingelte als Straßenmusiker durch die Pariser Metro, bevor er wieder in die Staaten ging und in Motels, billigen Absteigen und alten Autos lebte. Das Beste was ihm damals passieren konnte, waren Clubgigs oder kleine Engagements für Studios, in denen er Gitarren für große Namen einspielte, über die er gar nicht sprechen will. „Ich hasse Namedropping, und überhaupt, das waren nur irgendwelche Jobs.“

Als die Achtziger kamen, ließ er sich mit einer norwegischen Kellnerin nieder, die er auf einer Tour kennen gelernt hatte. Im ländlichen Tennessee baute er sich ein kleines Studio auf, das aber nicht so recht in die Gänge kam. „Da lief nur dieser ganze christliche Western & Country-Bullshit, da konnte ich mich nicht einfinden.“ Seine Frau hatte Sehnsucht nach den Fjords - „sie wollte irgendwo leben, wo es wenigstens ein bisschen nach Norwegen aussah“ - und so zogen sie zunächst in die nördliche Region des Staates Washington an die Küste.

Zwei Stunden von Seattle entfernt hatte STEVE ein neues Studio aufgezogen, und plötzlich schaltete das Schicksal einen Gang hoch. „Es stellte sich heraus, dass diese ganze Punk- und Grunge-Geschichte explodierte, und so nahm ich Alben mit Dutzenden von den Grunge-Bands auf“. Seine Arbeit mit Bands wie Bikini Kills und Modest Mouse verschafften ihm einen Namen in der Musikszene Washingtons, und bald zog er die ersten eigenen Live-Bookings an Land. „Alle drehten völlig durch, auch die Kids“, erinnert er sich. „Aber ich war nicht so begeistert. Es kam mir gar nicht in den Sinn, dass mich jemand sehen wollte. Zuhause war ich ja auch nur wie die alte Lavalampe in der Ecke, wenn ich Gitarre spielte.“

Nach zehn Jahren hatte Elizabeth Wold genug von der nordpazifischen Einöde. 2001 bewegte sie ihren Mann, mit ihr und den drei Söhnen (er hat insgesamt fünf) nach Oslo zu gehen. Auf der Reise erhielt er übrigens seinen Spitznamen SEASICK, genauer gesagt, kurz vor der dänischen Küste. „Ich bin nicht gut auf ’nem Boot. Gar nicht. Um die Wahrheit zu sagen, ich mochte meinen Spitznamen nie, aber er blieb an mir kleben.“

In Norwegen hatte STEVE nicht viel zu tun, bis er im Jahr 2003 mit einigen schwedischen Musikern ein paar eigene Country-Blues-Variationen aufnahm, aus denen SEASICK STEVE & The Level Devils: Cheap hervorging. Überraschenderweise drang das Album bis nach England vor, wo einige einflussreiche DJs wie Charlie Gillett und Joe Cush (Resonance FM) seine Songs im Radio spielten und ihn ermunterten, nach London zu kommen. Aber es kam alles anders und wäre fast vorbei gewesen.

2004 hatte SEASICK STEVE einen Herzinfarkt, der zu teilweiser Lähmung führte. Glücklicherweise hatte Elizabeth gerade ihre Kenntnisse als Reha-Krankenschwester aufgefrischt und befand sich in der Nähe. „Ich war nur ein paar Minuten vom Tod entfernt, aber ich hab überlebt“, erinnert sich STEVE. „Und dann stellte ich fest, dass es mich wirklich erwischt hatte. Ich dachte, das war’s mit mir und meiner Musik.“

Seine Frau sah das anders. Als sie hörte, wie er auf einer abgehalfterten Gitarre mit drei Saiten klimperte, bestand sie darauf, dass er seinen 4-Trackrecorder in die Küche holte und ein paar Songs aufnahm. „Manchmal denk ich, dass sie vielleicht Angst hatte, dass ich bald den Löffel abgebe, und dass es ganz schön wäre, noch ein paar Erinnerungsstücke zu haben. Ich hatte jedenfalls überhaupt nicht das Gefühl, ein Album aufzunehmen.“

Aber genau das wurde es, und es gab viele Leute, die genau darauf warteten. Im Jahr 2006 erschien Dog’s House Music (das sich inzwischen mehr als 100.000 Mal verkauft hat) auf dem Indie-Label Bronzerat. Prompt kam eine Einladung zu Jools Hollands Late-Show, in der SEASICK STEVE einen herzhaften Footstomper mit E-Gitarre hinlegte. STEVE, ganz der alte SEASICK STEVE: „Ich hielt den Auftritt für ausgemachte Scheiße und war sicher, dass das Publikum mich ausbuhen würde“. Irrtum: Als er die Show verließ, war er „das neue Ding“, wie man so schön sagt, und die Wege in die europäische Festival-Saison 2007 standen ihm offen.

Nun, mit über 60 kann man darüber schmunzeln: „Jedes Mal, wenn ich vor diesen Tausenden von Menschen auf der Bühne stehe, denke ich: Gottverdammt, wie kann jemand, der nicht gerade der Jüngste ist und noch nie berühmt war, aus dem Nichts einen solchen Erfolg haben? Ich glaube, ich bin einfach zur richtigen Zeit da gewesen. Die Leute haben die Nase voll davon, dass alles so schick und bunt ist. Ich glaube, die mögen das, wenn ich einfach Gitarre spiele und den Takt auf’ner Kiste mit dem Fuß stampfe.“

Die Leute werden auch I Started Out With Nothin And I Still Got Most Left Of It mögen. Zumindest jene, die nicht zur „Bluespolizei“ gehören, die von SEASICK STEVE leidenschaftlich verachtet werden. „Von den Puristen erwarte ich eigentlich eher den Todeskuss,“, so grinst er. „Aber ich freue mich auf alle jungen Besucher an Bord.“

(Quelle: Warner Music, 2009)


FORMAT: CD


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