„Tausend Menschen fangen dann – einfach so von vorne an“. Neues wagen, der eigenen Angst begegnen, an sich glauben und auch dann nicht aufgeben, wenn das Verständnis der Umgebung fehlt. Der Song „Tausend Menschen“ gibt die Richtung vor auf Johannes Oerdings zweitem Album „Boxer“.
In Amerika würde man das „Think positive“ nennen, Johannes Oerding sagt: „Ich hab Angst, zu wenig Mensch zu sein.“
Fühlen, lieben, fallen, aufstehen, durchhalten, verlassen oder gehen lassen, nach Hause kommen. Mensch sein heißt für ihn, konstruktiv in Frage stellen: „...muss ich denn wirklich funktionieren?“ Im Song „Reparier’n“ verleiht er dem Zweifel seine Stimme und dem „Mensch sein“ den Anspruch des nicht Perfekten.
Johannes Oerding erzählt von Dingen, die ihn bewegen. Wir lernen in „Boxer“ einen Menschen kennen, der Niederlagen wegstecken kann, weil er weiß, dass er eigentlich nichts zu verlieren hat. In „Morgen“ hören wir die lästig schöne Stimme, die uns daran erinnert, gleich morgen das Heute anzugehen und trotzdem zeigt Johannes‘ Willen, die so genannten guten Ratschläge einfach zu überhören und sich auf den eigenen Weg zu konzentrieren.
„Das war der Stoff aus dem meine Träume warn, und ich häng mit jeder Faser dran, in jedem Fetzen brennt ein Ideal“ – wie der Wandel das Gefühl für die eigene Person in Frage stellt, ist für ihn in „Alles was bleibt“ genauso Thema, wie ein Ausflug in die Single-Erlebniswelt des Hamburger Nachtlebens in „Erster Klasse“. Wir hören in „Gelandet“ von den Gedanken und Gefühlen, die eine frische Beziehung in uns auslöst, in Sonne nimmt er uns mit zu dem Moment, als mit der Sonne die neue Liebe aufging. Und er lässt uns teilhaben an den Gedanken, mit denen er eine alte Liebe gehen ließ: „Ich kann mich spiegeln – bin länger kein Vampir, spür wie mein Körper wieder lebt.“
Wir spüren dieses Leben in den Songs, die alle im Hamburger Gaga-Studio live eingespielt wurden – und die Johannes Oerding fast alle selbst oder zusammen mit anderen geschrieben hat. Unterstützt wurde er erneut von den beiden Produzenten Mark Smith und Sven Bünger, die auch sein erstes Album produziert hatten sowie seiner Band, die ihn auch live seit Jahren begleitet.
Johannes und sein kreatives Team vereint dieses besonderes Gespür für einen guten Song und was er braucht, um zu eigenem Leben zu erwachen. Wir können die Songs dann fühlen, weil sie handgemacht sind. Wie beispielsweise in der zarten Liebeserklärung Zurück das wunderbare Klavier, das sich sanft ins Schlafzimmer der Geliebten schleicht. „Ich bin bald zurück – lass' das Licht für mich an – damit ich Dich sehen kann.“
So ist aus 13 Songs ein Album entstanden, das einerseits abwechslungsreich und vielfältig ist. Durch das andererseits Johannes' akustische Gitarre und vor allem seine außergewöhnliche Stimme den Weg weist, der Singer/Songwriter, Rock, orchestrale Begleitung oder auch mal einen Loop verbindet – alles was bleibt, ist dass es sich verändert.
Uns bleibt Johannes Oerding, der sich auf "Boxer" im Vergleich zum Debüt-Album "Erste Wahl" weiterentwickelt hat, der heute klingt wie ... - eigentlich müßig, sich darüber Gedanken zu machen. Johannes Oerding klingt wie Johannes Oerding ist.