Foto: Plattenfirma
WEBSITE: www.boozoobajou.com
Home sweet home. Nach Tim „Love“ Lee, Nouvelle Vague und Nightmares On Wax teilt dieser Tage ein weiterer „big name“ der kontemporären Wohlfühl-Elektronik Kopfhörer, Plattensammlung und Sofa mit uns. Florian Seyberth und Peter Heider alias BOOZOO BAJOU bedürfen wohl nur in den seltensten Fällen überhaupt noch irgendeiner Art von Vorstellung. Mit drei „instant classic“ Studioalben – „Satta“ (2001), „Dust my broom“ (2005) und „Grains“ (2009) - haben die beiden Nürnberger sich und ihren unverkennbaren Trademark-Sound längst global etablieren können... und zählten von Anfang an zu den absoluten Darlings der internationalen Tastemaker- und DJ-Creme.
Wer obendrein die beiden enorm liebevoll zusammengestellten Juke Joint-Compilations der BOOZOOS kennt (und entsprechend zu schätzen weiß), dem ist klar, dass es in ihrer "Coming Home"-Folge entsprechend gut abgehangen zur Sache geht.
Aber aufgemerkt: Obwohl der BOOZOO BAJOU-Motor tendenziell bislang natürlich bevorzugt untertourig getuckert hat, ist die Oktanzahl diesmal bedeutend höher als auf den vorangegangenen Studioalben. Das liegt nicht unwesentlich daran, dass zahlreiche DJ-Gigs rund um den Planeten sowie eine enge Freundschaft zu DJ-Legenden wie Francois K. (vormals Studio 54, NYC) hörbare Spuren hinterlassen haben - und erst kürzlich in einer ausgedehnten DJ-Tour durch die USA und Asien mündeten.
Solche Erfahrungen erweitern logischwerweise vor allem auch die Sound-Horizonte bedeutend. Ein Narr jedoch, wer denkt, dass BOOZOO BAJOU ihrem stets sehr konsequent umgesetzten „state of mind“ deshalb auch nur ansatzweise abgeschworen hätten. Im Verlauf des diesmaligen Nach-Hause-Kommens öffnet sich lediglich eine weitere Klangfarbe im weiten BOOZOO-Spektrum: deep outernational eccelcticism is in the house. Genre-Begriffe wie House, Techno oder Neo Disco etwa waren auch schon in der Vergangenheit durchaus keine Fremdworte für die BOOZOO BAJOU... jetzt allerdings kommen sie wesentlich deutlicher zum Tragen.
„Uns geht es schlussendlich einfach nur um wirklich gute Tunes. Wenn wir mit Francois im Rahmen seiner Deep Space-Clubnacht in New York aufgelegt haben, hat uns vor allem immer diese enorme stilistische Vielfalt beeindruckt, mit der man da so zu Werke gehen kann,“ kommentiert Florian Seyberth, „und die ist für uns in dem Sinne ja auch nicht wirklich was Neues. Es haben sich so bloss im Laufe der Zeit automatisch andere Schwerpunkte ergeben, die halt eher Richtung Club-Sound gehen. Und deshalb war es an der Zeit, das auch mal entsprechend zu dokumentieren“.
Eingerahmt von echten BOOZOO BAJOU-Klassikern wie „Fürsattel“ (hier im wunderbar driftenden Idjut Boys-Remix), dem Dancehall-Knüller „Killer“ (mit Legende Top Cat am Mikrofon) und „Divers“ (im ofenfrischen Jay Haze Rework) finden sich somit 12 erstklassige Ausnametunes aus dem Plattenkoffer der beiden Protagoisten – in the mix. Und da auch hier das Ganze mal wieder grösser ist als es die Summe seiner Einzelteile eventuell vermuten lassen könnten, verschmilzt der Sound auf wundersame Weise zu einer anmutigen, geradezu euphorischen Huldigung an die Grossartigkeit von guter Musik und gepflegtem Hüftschwung - in der etwaige Unterschiede zwischen Genres, Kontinenten und BPM derart verschwimmen, dass sie völlig berechtigterweise zur absoluten Nebensache verkommen. Wenn überhaupt.
Mit raren, teils exklusiven und durchaus club-lastigen Feinheiten aus den Händen von Meistern wie u. a. Henrik Schwarz, Soulphiction, dem Motor City Drum Ensemble oder Move D lässt das lässige Duo aus dem Süden der Republik im wahrsten Sinne des Wortes „tief blicken“ – und fügt der eigenen Diskografie quasi mit links ein weiteres echtes Highlight hinzu.
Florian bringt es auf den Punkt: „Eigentlich geht es letztendlich doch um den richtigen Sound zur richtigen Zeit. In einem Moment kommt Musik von Sarah Vaughan gut, und dann muss im nächsten Augenblick halt mal ein Track von Move D her!“
Wenn dann in, sagen wir, so circa einem Jahrzehnt die gelungensten „Selections“ aus den Schallarchiven und Tonträger-Sammlungen des Musikuniversums gekürt werden, könnte es sehr gut sein, dass auch diese hier dazugehört. Weil sie seinerzeit von wissender Hand mit weisen Ohren samt entsprechender Geschmackssicherheit auf die Überholspur der Musikgeschichte geschickt wurde... Vollkommen absichtlich komplett jenseits saisonaler Mode-Trends oder kurzlebigem Pop-Hype. Typisch BOOZOO BAJOU eben.
So gut kann „Nach Hause kommen“ klingen. Man muss bloss wissen, wie das richtig geht, respektive wo „zu Hause“ überhaupt ist. Und da können wir uns jetzt aber alle mal ganz sicher sein: die Jungs von BOOZOO BAJOU wissen das. Home is where the heart is... in diesem Fall genau zwischen Wohnzimmertisch und Discokugel!
CD Tracklisting - Linkwood Family – Miles away
- Boozoo Bajou – Fürsattel (Idjut Boys Dub)
- Tontelas feat. Ski – On my way
- Soulphiction – Soulprint
- Wu-Burn Clan – Lights out
- Nora Morales – Saona
- Boozoo Bajou feat. Top Cat – Killer
- Henrik Schwarz & Amampondo – I exist because of you
- Icasol – Givin it up
- Motor City Drum Ensemble – Raw Cuts #5
- Andre Lodemann – Coming home
- Nick Sole – Children
- Intrusion – Tsawana Dub
- Move D – Got Thing
- Boozoo Bajou – Divers (Jay Haze Remix)
(Quelle: Sven-Erik Stephan, Beatsinternational, 2010)
FORMAT: CD
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