WEBSITE: www.bruceguthro.com
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Die meisten Musiker warten die Veröffentlichung eines neuen Albums ab, bevor sie auf Tournee gehen. Nicht so Bruce Guthro: Bereits vor Erscheinen seines fünften Soloalbums „No Final Destination“ absolvierte der kanadische Sänger, Songschreiber und Gitarrist im Frühjahr 2009 eine 17 Konzerte umfassende Tournee („The Drive Tour“) durch Deutschland und Dänemark, in deren Verlauf er, sehr zur Freude seiner treuen Fangemeinde, schon diverse Songs aus dem neuen Album vorstellte. Seit den Konzerten werden die neuen Lieder in Internetforen und Blogs rege diskutiert und kommentiert. Manche Fans versuchen sich gar an Übersetzungen der Songtexte, wissen sie doch, dass es sich immer lohnt, Bruce Guthro genau zuzuhören.
Der Kanadier behandelt in seinen Songs viele Sujets. Er singt über die Liebe in allen ihren Facetten, streift religiöse und philosophische Themen, beschäftigt sich mit Armut, Krieg und Tod und kreiert großartige Bilder, die von der Einsamkeit der Wälder in Kanada und von den rauen Küsten Nova Scotias inspiriert sind. Er ist aber nicht nur ein einfallsreicher Texter, sondern auch ein vielseitiger Komponist, der sich mit der hohen Kunst des klassischen Song schreibens bestens auskennt. Auf „No Final Destination“ liefert Bruce Guthro mit geradlinigem, nordameri kanischen Rock à la Bryan Adams, sanften Balladen in der Tradition eines Westcoast-Troubadours wie Jackson Browne und zeit losen Pophymnen, die wie geschaffen sind, um von zigtausend Kehlen mitgesungen zu werden, fast ein Dutzend Beispiele großer Songschmiedekunst.
Haben wir etwas anderes erwartet? Natürlich nicht! Bruce Guthro ist nicht Irgendwer. Immerhin ist er der Front mann einer der erfolgreichsten Folkrock-Bands der Welt: Runrig. Und auch als Solist ist er seit seinem Platinalbum „Of Your Son“ (1998) ein gefeierter Popstar, der in Kanada regelmäßig die größten Hallen ausverkauft, jede Menge Preise gewinnt und eine landesweit ausgestrahlte TV-Show („Songwriter’s Circle“) moderiert. So populär wie in sei ner Heimat ist der sympathische Künstler bei uns zwar noch nicht, aber spätestens seit der Veröffentlichung seines Albums „Beautiful Life“ (2007) erfreut er sich auch als Solist hierzulande wachsender Beliebtheit. Schon seine ersten Clubtourneen waren fast überall ausverkauft. Etliche Nachholkonzerte waren notwendig, um das große Publikumsinteresse zu stillen.
Wie man bereits bei den Konzerten im Frühjahr erleben konnte, wächst seine Fangemeinde weiter kontinuierlich. Und sie wird mit Sicherheit bald noch viel größer werden, denn mit „No Final Destination“ legt Bruce Guthro nun getreu seinem eigenen Anspruch, „ich möchte nie zwei Mal das Gleiche produzieren“, eine noch abwechs lungsrei chere Songsammlung vor. „Ich vergleiche Songs und Platten mit Drehbüchern und Filmen. Ich will nicht der Schau spieler sein, der auf einen bestimmten Rollentyp festgelegt ist. Es gibt so viele musikalische Genres, da kann man sich doch nicht nur auf einen Stil beschränken.“ Entsprechend zeigt er sich nicht nur von seiner viel gerühmten sanften Seite, sondern auch erfrischend aufgekratzt, etwa bei den dynamischen Rockstücken „Little Bit Of Love“ und „Rockin’ Tonight“, deren Refrains man nicht mehr so schnell aus dem Kopf bekommt. Das trifft auch auf die stürmische Nummer „Drive“ zu, eine Hommage an den Cabot Trail auf Cape Breton, Nova Scotia, für Bruce Guthro einer der schönsten Orte des Planeten. „Ich hatte früher ein Motorrad und es gab nichts Besseres als auf dieser Straße zu fahren und dabei alle Probleme der Welt hinter sich zu lassen.“
Wenn es um unwiderstehliche Melodien geht, ist Bruce Guthro ein Spezialist und das bestimmt nicht erst seit er vor über zehn Jahren zu den Hymnen-Meistern Runrig gestoßen ist. Mehr noch: „Going Home“, nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Song der Schotten, die streichergestützte Ballade „Rush“, die er zusammen mit seinem Sohn Dylan geschrieben hat, sowie das aufrüttelnde „Flew McCartey Home“ sind Hymnen, wie man sie vollendeter selten gehört hat.
Vor allem letztere, deren sakrale Aura an Peter Gabriels Hommage an den im Gefängnis ermordeten südafri kani schen Poeten Steven Biko erinnert, geht tief unter die Haut. Möglicherweise zählt „Flew McCartey Home“ zu den be wegendsten Liedern, die Bruce Guthro bislang geschrieben hat. In jedem Fall ist es eines seiner wich tigsten: „Nach einem Konzert unterhielt ich mich mit zwei kanadischen Soldaten. Wir sprachen über Afghanistan. Ein Musiker kollege, der dort vor den Truppen aufgetreten war, sagte, ‚du weißt, dass wir McCully nach Hause gebracht haben?’. Ich merkte schnell, dass er von Corporal McCully sprach, dessen sterbli che Überreste sie mit dem Flugzeug nach Kanada geflogen hatten. Der Song ist auch deshalb ganz besonders, weil ich ihn zusammen mit meinem Sohn Dylan geschrieben habe, der im gleichen Alter ist wie diese Soldaten.“
Nicht weniger beeindruckend als „Flew McCartey Home“ sind die berührende Ballade „Without Words“ über das Aufkeimen einer jungen Liebe, die keine Hemmungen mehr kennt, das von einer Textzeile des kanadischen Song writers Ron Hines („It would be a kind comfort, if some kind soul, would carry this cross for a while”) inspirierte „The Cross“ sowie der fragile Folksong „So Small“, der mit der Erkenntnis endet, dass man, ganz gleich wie viel man im Leben erreicht hat, im großen, kosmischen Plan nicht mehr als ein Sandkorn ist. Welche Tragödien das Leben wirk lich bereithalten kann, veranschaulicht das mit Piano, Orgel und elektrischer Gitarre gefühlvoll arrangierte „Stone By Stone“. Vor dem Hintergrund der Flutkatastrophe in New Orleans in der Folge des Hurrikans „Katrina“ schlüpft Bruce Guthro in die Haut eines Mannes, der beim Versuch, seine Frau vor dem Ertrinken zu retten, scheitert. Am Ende des beklemmenden Szenarios bleibt als einzige Hoffnung, dass die Stadt wieder aufgebaut wird, Stein für Stein.
Bruce Guthro, 1961 in Sydney Mines, einem Städtchen auf der Cape Breton Insel vor der Ostküste Kanadas, geboren und mit sieben Brüdern aufgewachsen – („das härtet ab, es braucht viel, um mich aufzuregen“) – arbeitete seit seinem 17. Lebensjahr in Uranminen und im Steinkohlebergbau. Obwohl er schon früh Gitarren spielen gelernt und eigene Lieder geschrieben hatte, betrachtete er Musik lange Zeit nur als Hobby, wenngleich eines, dem er mit großer Leidenschaft viele Stunden widmete. Mit Erfolg: Anfang der neunziger Jahre nahm er an einem Tribute-Konzert für die kanadische Musikerlegende Stan Rogers teil. Seine Komposition „Stan’s Tune“ begeisterte das Publikum und bescherte ihm einen Plattenvertrag. Nach ersten, noch kleinen Erfolgen mit Songs wie „Livin’ In The 90’s“ und seinem Debütalbum „Sails To The Wind“ (1994) gelang ihm mit „Of Your Son“ 1998 der große Coup. In der Folge des in Kanada mit Platin veredelten Bestsellers wurde der Sänger mit diversen Canadian Radio Awards, einem Juno Award und fünf East Coast Awards (best male artist, album of the year, songwriter of the year, best pop/rock artist und single of the year) dekoriert.
Mit seinem neuen Album „No Final Destination“, das in Nashville (Tennessee) im Studio des Grammy gekürten Song writers Geordie Sampson , in Key Largo, Florida, in Guthros eigenem Studio auf Cape Breton sowie in Dänemark eingespielt wurde, schlägt er nun ein weiteres, faszinierendes Kapitel seiner Karriere auf. Als Musiker gewann er u.a. Tom Bokovac (John Fogerty), Ethan Pilzer (Jewel), Chris Mc Hugh ( Keith Urban, Peter Frampton), also einige der Top Sessionplayer in Nashville. Ob mitreißende Rocktitel oder herzzerreißende Balladen, Bruce Guthro bietet Song writer kunst auf höchstem Niveau. „Vielleicht ist es seine Stimme. Vielleicht sind es seine Texte. Vielleicht beides – doch Bruce Guthros Songs haben etwas an sich, das die Seele tief berührt und einen nicht mehr loslässt.“
(Quelle: Maren Kumpe, Musicmatters, 2009)
FORMAT: CD
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