WEBSITE: www.kaye-ree.com
| |
Mit “Quiet Is The New Loud” gab Norwegens späte Antwort auf Simon & Garfunkel, The Kings Of Convenience, 2001 eine damals noch provozierende Losung aus. Denn die Singer/Songwriter wussten sehr wohl, dass die meisten ihrer potenziellen Zuhörer noch mit lauter Rockmusik, mit Post-Grunge oder Brit-Pop, sozialisiert wurden. Sich auf leise(re) Klänge einzulassen, bedeutete, runterzukommen und sich wieder auf Musik, auch Texte, zu konzentrieren, was für Manchen ganz sicher eine schmerzhafte Erfahrung bedeutete. Jedenfalls konnten die Musiker mit den leisen Tönen lauter sein als die brachialste Dampfhammer-Rockband. Denn sie waren damit – liess man sich auf sie ein – unüberhörbarer, präsenter, offensiver. So wurde eine Entwicklung eingeleitet, die jetzt Früchte zu tragen beginnt.
Längst haben Songpoeten wie José Gonzales größeren Zulauf als die jüngste Generation britischer Redundanz-Rocker. In den Programmen der Live-Clubs finden sich unzählige akustische Konzerte in kleinen, intimen Besetzungen. Genau da entsteht wieder die Situation, die zwischen Musikern und Publikum besonders wichtig ist: wirkliche Kommunikation und echte Identifikation. Das hat die darbende, planlos gewordene Major-Plattenindustrie schon lange aus den Augen verloren. Denn die setzt auf jährlich auszutauschende Probanden aus unzähligen Castingshows, was zu einer Flut an Veröffentlichungen und einer totalen Übersättigung führt. Zeit also für eine “Ree-sensibilisierung” unserer Sinne. Und für die will Kaye-Ree sorgen. Denn es gilt die Sehnsucht der Menschen nach emotionaler Musik zu steigern.
Kaye-Ree wurde in Isfahan geboren und wuchs als Tochter einer deutschen Mutter und eines persischen Vaters nach dem Umzug nach Deutschland im Taunus auf. Schon früh fasziniert von Michael Jacksons Gesang und Tanz, folgten auf Kinderchor und Theatergruppe erste Sologesangsversuche in einer Schulband und einer Musicalgruppe. Nach dem Abitur in Limburg machte sie erste Studioaufnahmen in Frankfurt.
Seit jeher begeistert von schwarzer Musik, lagen ihre stilistischen Schwerpunkte anfangs ganz klar auf R’n’B und Hip Hop. Bei der Suche nach Musikern für eine eigene Band traf Kaye-Ree 2005 auf Felix Justen, eine Fügung des Schicksals, wie sich wenig später herausstellen sollte. Der klassisch ausgebildete Gitarrist Justen, der schon in der berühmten Carnegie Hall gespielt hatte, passte auf den ersten Blick so gar nicht in Kaye-Rees bisherige Welt. Aber seine akustischen Kompositionen und die Songtexte der Sängerin fügten sich auf Anhieb und auf wundersame Weise zu einem homogenen Einheit zusammen. So ergab sich eine aus Klassik, Jazz, Bossa Nova und Soul inspirierte akustische Musik, die sich – teils vor Publikum – in einem ‘Work of Progress’ kontinuierlich entwickeln konnte, Konturen und ein ganz eigenes Profil annahm.
Nach dem Umzug nach Frankfurt lernte Kaye-Ree mit dem we got soul-Produzenten DJ Opossum ihren zweiten Songwriting-Partner neben Felix Justen kennen. Und mit dem Noizmakers Entertainment-Produktionsteam war das Kreativ-Team komplett. Die Namen Sade und Lauryn Hill fielen, als Kaye-Ree nach möglichen Orientierungspunkten für eine CD-Produktion gefragt wurde, zwei Frauen, die für Stil und Eleganz, Stimme und Ausstrahlung, Attitude und Aussage stehen. Aber auch für eine Musik, die sich schnell über den anfänglichen Hipness-Faktor hinaus als zeitlos und qualitativ hochwertiger Pop jenseits jeglicher Mainstream-Klischees etablierte.
Die Arbeit am Debütalbum konnte beginnen, immer wieder einmal unterbrochen durch weitere impulsgebende Ereignisse, Auftritte in Grossbritannien, Spanien, aber auch in Simbabwe und den USA, und dort auch auf dem ‘International Soul Music Summit’ in Atlanta, Georgia. In Miami, Florida, fühlt sie sich inzwischen genauso zuhause wie in Frankfurt am Main. Zudem arbeitete sie mit dem italienischen Produzenten Gaetano Parise, mit Metaphysics (Söhne Mannheims), Anthony Meyers (Donell Jones, ATL) und Hashim Mills (New York) zusammen, war Opening Act für Busta Rhymes und Kurtis Blow, und mit der Band von Sänger Leon Taylor beim John Lennon Talent Award erfolgreich.
Jetzt aber liegt der Schwerpunkt ihrer Arbeit auf dem eigenen Album. Es heißt “Endless Melody”, erscheint auf dem eigens gegründeten Label Reevolution Music und darauf sind Songs höchst unterschiedlicher Couleur zu entdecken, die ganze Bandbreite von Ballade bis HipHop-Track, acoustic performance und DJ-Ästhetik. Dafür steht Kaye-Ree. Und diese scheinbar unterschiedlichen Welten sind bei ihr ein Planet.
Was das für eine Musik ist? Vielleicht ‘acoustic soul’. Soul auf alle Fälle. Im wahrsten Sinne des Wortes. Denn Kaye-Ree singt tief aus dem Herzen, öffnet dabei ihre Seele, beherrscht die Nuancen, hat Dynamik in ihrem Gesang. Keine nervigen Koloraturen wie bei vielen angesagten US-R’n’B-Diven, oft eher zurückgenommen, aber dadurch nicht weniger intensiv, und vor allem ganz nah.
Bei Konzerten, ob im Duo oder mit unterschiedlich großen Bands, unplugged oder elektrisch, mit DJ, Beatbox oder Tänzerin – Kaye-Ree ist die Aufmerksamkeit ihres Publikums sicher. Die Sängerin schafft mit ihrer Präsenz, ihrer Aura, ihrer Stimme, ihrem Talent, jedem im Raum das Gefühl zu geben, sie spreche genau ihn/sie an, singe für jeden einzelnen. Da werden die Augen geschlossen, da wird mitgeträumt, mitempfunden, auch mitgesungen. Eine große Gabe. Obwohl keine der Kompositionen trivial und banal auf Hit mit Hook getrimmt ist, zeigen sie nicht minder Wirkung und die Refrains haben das Potenzial, den Menschen im Ohr zu bleiben. Weil die Melodie, der Gesang sie zwar subtiler, aber dennoch direkt und unausweichlich erreicht, und dabei wirklich berührt.
(Quelle: Groove Attack, 2009)
FORMAT: CD
Zurück zur Übersicht
|