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CD-DETAILS LIEJACKER [GILMORE, THEA]

Gilmore, Thea

Liejacker [Pop]


RELEASE: 27.06.2008


LABEL: Fruitcake/ Fullfill/ SPV

VERTRIEB: SPV

WEBSITE: www.theagilmore.net

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Knappe zwei Jahre nach ihrem fünften Album "Harpo's Ghost" präsentiert die britische Singer/Songwriterin Thea Gilmore ihre neue CD "Liejacker", die am 27.06.2008 bei Fruitcake/Fulfill/ SPV erscheint. Das Album wird von zwei spektakulären Gastauftritten ummantelt: auf der einen Seite der angesagte Indierocker Dave McCabe (in Großbritannien füllen die Zutons Stadien) , auf der anderen die Ikone des leidenschaftlichen Protestsongs Joan Baez. Die jung gebliebene Folk-Ikone ist schon seit längerer Zeit ein Thea-Gilmore-Fan (was sie übrigens mit Martha Wainwright und Bruce Springsteen teilt) und ging mit ihr bereits auf USA-Tour. Daher war Baez hocherfreut über die Einladung und verliebte sich dabei so sehr in das Lied, dass sie es auch für ihr kommendes eigenes Album aufgenommen hat.

Über den Titel ihres aktuellen Albums äußert sich die Neunundzwanzigjährige so: "Musik zu machen ist eine der besten Gelegenheiten im Leben, um aufrichtig zu sein. Wer Lieder schreibt, erzählt über seine gefundenen Wahrheiten. Allerdings nehmen viele Marketingstrategen an, dass man die Leute, die noch bereit sind, für Musik Geld auszugeben, für dumm verkaufen kann. Sie glauben, ihnen jeden Blödsinn andrehen zu können, solange die Geschichte dahinter sensationsheischend genug und die Nachfrage dadurch gesichert scheint. Ich kann ihnen dabei nicht auf den Leim gehen, denn als Zuhörer habe ich ein sensibles Ohr für Unaufrichtigkeiten. Ich bekomme gleich spitz, wenn jemand nicht das lebt, worüber er singt. Aber es gibt eben auch jede Menge Künstler, die gegen solch Heuchelei ankämpfen. Ich nenne sie "Liejacker“ - in Anlehnung an „Hi-jacker“ (= Flugzeugentführer) - und mit dem Titel meines Album möchte ich deutlich machen, dass ich mich ganz klar zu ihnen zähle."

Thea Gilmore ist bereits als "größte Wortschöpferin ihrer Generation" (The Independent) , als "verständlichste und zugleich literarischste unter ihresgleichen" (Mojo) und vom Uncut sogar als "beste britische Singer/Songwriterin der letzten - und auch nächsten - zehn Jahre" beschrieben worden. Wenn nun diese Hand-aufs-Herz-Platte erscheint, kann die Sängerin auf zwei bewegende Jahre zurückblicken.

Bevor 2006 ihr letztes Album "Harpo's Ghost" erschien, wurde bei Thea Gilmore klinische Depression diagnostiziert. In demselben Zeitraum trennte sie sich von ihrer ersten Plattenfirma und (zeitweilig) auch von ihrem langjährigen Lebensgefährten. Ihr "neues" - und bis dato größtes - Label (Sanctuary) wurde bereits im Folgejahr verkauft und schließlich hatte die zehnjährige Zusammenarbeit mit ihrem Manager ebenfalls nicht mehr Bestand. In dieser Zeit der Umbrüche erfuhr Thea Gilmore zudem die wohl prägendste Veränderung in ihrem Leben: sie bekam ihr erstes Kind.

"Liejacker" ist eine Art Testament dieser turbulenten Reise. Noch während sie mit ihrer Krankheit zu kämpfen hatte, schrieb Thea Gilmore die dunkelsten und kargsten Lieder ihrer zehnjährigen Karriere. Doch "Liejacker " zeigt sie auch von ihrer direktesten Seite: "Während man mir früher schon mal vorhalten konnte, mich in meinen Texten zu verstecken, indem ich auf Bilder oder Metaphern zurückgriff, habe ich auf "Liejacker" versucht, ohne Umschweife auf den Punkt zu kommen und die Dinge so zu schildern wie sie sind. Die Entstehung dieses Albums unterschied sich sehr von den vorangegangenen. Es ist das erste, bei dem ich richtig darauf brannte, es aufzunehmen."

Schon während den Aufnahmen zu "Harpo's Ghost" - vielleicht als Reaktion auf die polierte AOR-Produktion jener Platte - verbrachte Thea Gilmore Stunden damit, allerlei kuriose Akustikinstrumente zu erwerben: alte Banjos, Dobros und ein Harmonium aus Indien - und auf ihnen entstanden die meisten ihrer neuen Songs.

Der nächste Schritt war es für sie, sich in ihrem frisch installierten Heimstudio buchstäblich zu barrikadieren: "Nun, ich bezeichne es zwar als Studio..., doch es handelt sich hierbei um ein neun Quadratmeter kleines Arbeitszimmer in meinem Haus: ich musste für die Gesangsaufnahmen den Mikrofonständer aufs Pult stellen und als ich die Gitarren aufnahm, stand ich schon halb im Flur. Aber bei diesen merkwürdigen Aufnahmeverfahren entwickelte sich mutige, unverfälschte Musik. Die Lieder sprudelten einfach aus mir heraus und ich konnte sie in diesem rohen Zustand unmittelbar festhalten. Ich glaube, dass sie daher viel unbefangener ausgefallen sind. Für mich sind diese Songs eigenständige Wesen, die quasi abseits von mir ihr Eigenleben führen."

Dabei schrieb Thea Gilmore nicht nur die Songs, sondern entwickelte dazu auch die Arrangementideen, bevor sie dem Produktionsteam um Nigel Stonier vorgespielt wurden: " Das neue Material war so persönlich ausgefallen, es schlug ein neues Kapitel auf. Und ich war mir zunächst nicht einmal sicher, ob ich tatsächlich wollte, dass die Welt diese Geschichten so direkt zu hören bekommt...aber in mir entstanden immer wieder neue Worte, die gesungen werden mussten."

Darunter sind einige sicher erschütternd: "And You Shall Know No Other God But Me" ist eine frostige Bilanz all der Abhängigkeiten, in die man sich immer wieder von neuem begibt. “The Wrong Side” hat einen flotten Lauf, der erst einmal darüber hinwegtäuscht, dass es hier um das Herabsinken in Selbstverachtung geht, das dazu führt, dass dem Liebsten der Rat erteilt wird, zum eigenen Wohle besser das Schiff zu wechseln. Und dann das zentrale Stück unter den dunklen Songs: "Black Letter" - ein so tief ins Mark gehendes Lied über Depressionen ist seit Nick Drakes "Black Eyed Dog" nicht mehr geschrieben worden.

Aber dann gibt es da auch das erlösende "Breathe" mit seiner auftrumpfenden Note an Selbstakzeptanz und mit “Dance In New York” eine leise jubelnde Ode an die Kraft der Sehnsucht und das tiefe Bedürfnis nach festem Boden unter den Füßen. Die Stadt New York übernimmt hier die Rolle des ewigen Geliebten mit immer geöffneten Armen. Und dann natürlich die ätherische Ballade "Old Soul", die nicht nur das Album eröffnet, sondern auch als erste Single erscheinen wird. Thea Gilmore schrieb den Song, als sie im achten Monat schwanger war, doch misst sie dieser Tatsache keine übermäßige Bedeutung bei:

"Ich war fest entschlossen, nach der Geburt meines Sohnes nicht in so eine weiche Mutterseligkeit zu verfallen. Sobald eine Sängerin das Wörtchen "Schwangerschaft" flüstert, warten viele Leute bloß darauf, dass sich dies gleich in deren Musik niederschlägt und plötzlich alles ganz plüschig klingt. Warum das so ist, habe ich bisher nicht herausfinden können, aber der Begriff "Zuhause" und was er für mich wirklich bedeutet ist schon seit längerem ein wiederkehrendes Thema in meiner Musik. Als ich Mutter wurde, verstand ich, was für mich ein Zuhause ist. Diese sehr tiefe, instinktive Wärme für ein anderes Wesen und die Wurzeln, die einen mit diesem Leben und jede kommende Generation verbinden. Das ist mein Zuhause und das wird es ewig bleiben." Thea Gilmores Texte spiegeln diese metaphysische Suche wider, doch sie lassen ebenso individuelle Interpretationen zu.

Und schließlich gibt es da noch die bündelnde Kraft eines Songs, der sowohl die Themen des Albums zusammenfasst, als auch zu einem feierlichen Abschluß bringt. Er heißt "The Lower Road" und ist ein zu Herzen gehender Lobgesang auf hart erkämpfte Siege, Ausdauer und die Fähigkeit zu verzeihen. "The Lower Road" beginnt mit der Beschreibung eines rassistischen Lynchmords und verweist dabei sowohl auf die Trostlosigkeit des Irakkriegs, als auch auf alltägliche häusliche Gewalt. Und zwischen den Strophen erfolgt beharrlich die Einsicht “We will be rolling on”. Eine Ballade also, die etwas anders gestrickt ist als "You're Beautiful".

Als Thea Gilmore dann aus ihrem Heimstudio mit einem Schwung neuer Songs wieder aufgetaucht war, beschloss sie, bei vielen dieser Solo-Sessions nicht noch mal Hand anzulegen. Deshalb sind auf der fertigen Platte viele Original-Gesangspuren zu hören und auf "The Wrong Side" sorgte kein gewöhnliches Schlagzeug, sondern eine Besteckschublade, eine Grillpfanne und ein Schornsteinaufsatz für den Groove. Und sogar die Gitarrensolos sind diesmal alle von Thea Gilmore selbst eingespielt worden.

Aber als sie die Songs zum Abmischen in ihr bevorzugtes Studio (das Liverpooler „Loft“) brachte, ergänzte Thea Gilmore sie noch um ein paar neue Melodien und lud dazu noch einige Brüder im Geiste ein: Erin McKeown (der US-Folkrocker war Theas Support-Act auf ihrer 2007er UK-Tour) sang die zweite Stimme in "Dance In New York” und Steve Wickham von den Waterboys brachte auf "The Lower Road" seine Violine in bester "Desire"-Tradition (Theas Lieblings-Dylan-LP) zum Einsatz. Dann gab der Zutons-Frontman Dave McCabe auf "Old Soul" den Duettpartner und seine Bluesstimme brachte hier bezaubernde, bisher ungehört sanfte Facetten ans Tageslicht.

Zuletzt galt es, "The Lower Road" zu vollenden, dessen Erzählung für mehrere unterschiedliche Stimmen angelegt ist. Und hierbei warf Thea Gilmore "Liejacker"s letzten Trumpf in die Runde, indem sie die legendäre Joan Baez dazu einlud, mit ihr gemeinsam dieses Lied zu singen: "Joan Baez erfand vor über vierzig Jahren quasi meinen Beruf. Ich kann mir auf diesem Planeten keine andere Sängerin vorstellen, die mit einer solchen Stimme, Präsenz und Haltung dieses Lied gemeistert hätte." Die jung gebliebene Folk-Ikone ist schon seit längerer Zeit ein Thea-Gilmore-Fan (was sie übrigens mit Martha Wainwright und Bruce Springsteen teilt) und ging mit ihr bereits auf USA-Tour. Daher war Baez hocherfreut über die Einladung und verliebte sich dabei so sehr in das Lied, dass sie es auch für ihr kommendes eigenes Album aufgenommen hat.

Und so endet "Liejacker" trotz der schweren Zeiten, in denen das Album seinen Anfang nahm, mit reichlich Positivem. Von der musikalischen Stimmung her ist es aber reduziert akustisch geblieben, wobei Violinen, Cellos, Ukulelen und Hackbretter das Klangspektrum um weitere Farben bereichern. "Old Soul" als ausgewählte erste Single-Auskoppelung bringt das Album mit seinem Streben nach tiefster Wahrheit in Gang und "The Lower Road" schließt es ab. Auf diese Weise wird der "Liejacker"-Liederreigen von zwei spektakulären Gastauftritten ummantelt: auf der einen Seite der angesagte Indierocker Dave McCabe (in Großbritannien füllen die Zutons Stadien) , auf der anderen die Ikone des leidenschaftlichen Protestsongs Joan Baez. Doch während deren Teilnahme bezeichnend dafür ist, wie sehr Thea Gilmore unter ihren Kollegen geschätzt wird, sind die Geschichten und Melodien auf "Liejacker" einzig und allein die Frucht einer Feder und einer Stimme: Thea Gilmore. Schon bei der Veröffentlichung ihres Frühwerks "Rules For Jokers" (2001) befand der All Music Guide: "Lyrisch ist Thea Gilmore bereits eine reife Künstlerin. Bei ihr wird jede Betrachtung über Betrug, Sex, Religion und Politik zu einer vollendeten Balladendichtung." Und ihr neues Album "Liejacker" ist ein Meisterwerk geworden, das die bereits kursierende Überzeugung, es hier mit einer zukünftigen Legende zu tun zu haben, nur noch weiter verbreiten wird.


Thea Gilmore Diskografie:

Burning Dorothy (1998) Thea Gilmores Debüt, das sie mit 18 Jahren auf ihrem eigenen Label Shameless Records veröffentlichte

As If (2000) 5-Track-EP auf Shameless Records

The Lipstick Conspiracies (2000) Zweites Album auf Shameless Records

Rules For Jokers (2001) Drittes Album auf Flyin/Compass Records

Songs From The Gutter (2002) Viertes Album auf Flyin Sparks/Compass Records; enthält eine 13-Track-Bonus-Compilation

Avalanche (2003) Fünftes Album auf Hungry Dog Records, das in Großbritannien in die Charts einstieg (#62) und die zwei Hit-Singles „Juliet (Keep That In Mind)“ (# 35) und „Mainstream“ (# 50) enthält.

Loft Music (2004) zunächst nur auf Konzerten erhältliches Cover-Album, auf dem Thea u.a. Phil Ochs, Van Morrison und Paul Westerberg, aber auch The Ramones und Buzzcoks interpretiert.

Harpo’s Ghost (2006) Sechstes offizielles Album auf Sanctuary Records, das in den UK-Charts Platz 67 erreichte.

(Quelle: Sven-Erik Stephan, Beatsinternational, 2008)


FORMAT: CD


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