Musikern, deren Inspiration und Kreativität vor allem durch eine tief empfundene Leidenschaft für Musik gespeist wird, kann der bloße kommerzielle Erfolg als Motivation auf Dauer nicht genügen. Zu diesem Schluss kamen im Sommer 2008 auch die drei Mitglieder von Outlandish, als die dänische HipHop-Gruppe kurz vor der Auflösung stand.
Nach drei Jahren nahezu ununterbrochenen Tourens durch die USA, den Nahen Osten und Europa war die Kommunikation zwischen Isam Bachiri, Lenny Martinez und Waqas Ali Qadri mehr oder weniger zum Erliegen gekommen. Anders als in den Jahren zuvor waren sie nicht mehr im Stande, sich an der Gesellschaft der anderen zu erfreuen oder gar von ihr inspirieren zu lassen. Sie begannen, getrennt voneinander zu arbeiten und Solo-Projekte zu starten - der kollektive Enthusiasmus und die Ideen waren ihnen ganz offensichtlich abhanden gekommen.
„Zum Glück erhielten wir noch rechtzeitig einen Weckruf und sprachen über alles, bevor es vollkommen zu spät war. Bei den Vorbereitungen zum neuen Album hat es zwischen uns wieder ‚Klick‘ gemacht und wir spürten wieder die Liebe am Leben, die für uns von Anfang an der Antrieb gewesen war, Musik zu machen“, erzählt Lenny Martinez über die Umstände, unter denen das vierte Outlandish-Album „Sound Of A Rebel“ entstand.
Das Trio entschied, noch einmal komplett von vorne anzufangen und eineinhalb Jahre Studioarbeit – und damit 25 Songs – in die Tonne zu kloppen. Ein für alle Beteiligten recht schmerzhafter Schritt, doch die Band war sich darin einig, dass er unumgänglich war. „Eigentlich war an diesen Tracks nichts verkehrt, aber irgendetwas fühlte sich für uns falsch an und das merkte man letzten Endes auch der Musik an“, sagen sie heute.
Eine derart große Menge fertigen Materials zu opfern und noch einmal anzufangen, erfordert großes Selbstvertrauen, doch die mit über 700.000 verkauften Tonträgern international erfolgreichste dänische Band des Jahrzehnts mit den meisten Auszeichnungen bereute den Schritt zu keinen Zeitpunkt. Innerhalb von sechs Monaten schrieben, rappten, sampelten und (co-)produzierten sie „Sound Of A Rebel“, das bislang energiegeladenste und musikalisch geschlossenste Album des Trios. Weitaus gereifter und filigraner als beispielsweise die ersten beiden Longplayer der Band, „Outland’s Official“ und „Bread & Barrels Of Water“.
„Wir sind wirklich zufrieden mit unseren bisherigen Veröffentlichungen, die uns viel Gutes bescherten und u.a. dafür sorgten, dass wir international noch immer sehr gefragt sind“, erklärt Waqas, „doch das neue Album ist ohne Zweifel unser bislang homogenstes und inhaltlich eine absolute Herzensangelegenheit.“ Für die Produktion von „Sound Of A Rebel” taten sich die Drei mit den Produzenten Frederik TAO, Bichi (Blue Foundation), Troo.L.S. und Louis Winding zusammen. Gemeinsamen erschufen sie Songs, die vor Vitalität nur so strotzen.
Die musikalischen Einflüsse auf „Sound Of A Rebel“ reichen von HipHop über Soul bis zu Weltmusik, natürlich wie gewohnt veredelt mit den für Outlandish typischen catchy Hooklines. In ihrer dänischen Heimat veröffentlichte die Band als erste Single den Song „Rock All Day“, bei dem Isam, Lenny und Waqas alle Sorgen über Bord werfen und erst einmal gepflegt Party machen. Der Song bringt aber gleichzeitig die neue Band-Philosophie auf den Nenner, mit all den eingefahrenen Abläufen und Gewohnheiten zu brechen, in die sich die Band zwischen den hektischen Tour-Aktivitäten und der „Professionalisierung“ ihrer Freundschaft verrannt hatte.
„In vielerlei Hinsicht sagt dieser Song eigentlich so ziemlich alles. Es wäre kein ehrliches Album dabei heraus gekommen, wenn wir einfach so weiter gemacht hätten wie zuvor“, erklärt Isam. „Wenn man bei der Musik nichts empfindet, dann haben wir unseren Job nicht gut gemacht, und genau das wäre eingetreten.“ Waqas stimmt zu und erläutert, dass die Texte diesmal aus der (sonnenbebrillten) Sicht von drei Kopenhagenern verfasst wurden, die mittlerweile eigene Familien haben. Die Sujets sind weit weniger religiös und politisch als früher und handeln nun mehr von den Beobachtungen, die sie in der näheren Umgebung machen. „Unsere Texte könnten direkt aus unseren jeweiligen Tagebüchern stammen“, sagt er, „alles, was wir erzählen, haben wir selbst erlebt, wir haben einen persönlichen Bezug dazu.“
So finden sich unter den behandelten Themen auch Geschichten darüber, wie es sich anfühlt, von den Medien in die Rolle eines „Vorzeige-Ausländers“ gedrängt zu werden – oder plötzlich Ansprechpartner in Sachen Terror und andere Absurditäten zu sein, die nichts mit einem zu tun haben. Outlandish berichten aber auch davon, wie es ist, wenn man seine zu Hause gebliebene Frau vermisst, oder von Begegnungen mit alten Freunden aus Brøndby Strand, die mit dem Leben nicht klar kommen. So wie z.B. der Song „Someday“, der die andauernden Bandenkriegen schildert, die sich in den Straßen von Kopenhagen abspielen. „Es ist die Geschichte, wie sich die Dinge entwickeln können, wenn man als naiver Halbstarker auf die falschen Leute trifft, wenn man sich zu Hause nach Aufmerksamkeit sehnt, weil irgendetwas in der Familie nicht so ist, wie es sein sollte. Wir haben das schon so oft miterlebt“, erzählt Lenny. Der kleinen Outlandish-Familie ist es gelungen, derlei Dinge in die richtigen Bahnen zu lenken.
Nach der Fertigstellung des Albums brannten die Mitglieder darauf, das neue Material so schnell wie möglich ihren Fans zu präsentieren. „Eigentlich bin ich komplett am Ende meiner Kräfte, wenn wir ein Album aufgenommen haben und brauche erst einmal einen Monat Urlaub“, sagt Waqas, „diesmal habe ich aber das Gefühl, dass ich sofort raus muss und allen Leuten zeigen, was wir gemacht haben.“
Und das kann sich wirklich sehen lassen: zunächst feierte das Trio, dem im Sommer 2003 mit dem europaweiten Nummer-1-Hit „Aicha“ der internationale Durchbruch gelungen war, mit „Sound Of A Rebel“ und den Single-Auskoppelungen „Rock All Day“, „Keep The Record On Play“ und „Feels Like Saving The World” ein spektakulären Comeback in den dänischen Charts (Top 5). Es folgten internationale Erfolge in Indien und dem Nahen Osten, wo das Album die Top 10 erreichte. Ihr anhaltender Erfolg in Asien bescherte dem Trio im vergangenen Jahr u. a. eine Einladung der Vereinten Nationen, beim „Concert for Pakistan” aufzutreten. Der Longplayer brachte der Band außerdem eine Nominierung in der Rubrik „Best International Act“ bei den „UK Asian Music Awards 2010“ und in der Kategorie „Best Danish Act“ bei den MTV Europe Music Awards 2009 ein.
Für Deutschland wählten Outlandish den Uptempo-Reggae-Song „Let Off Some Steam“ als erste Single-Auskopplung. Eine Single, die sich innerhalb kürzester Zeit in den Top 100 der deutschen Airplay Charts platzieren konnte und das Zeug dazu hat, Isam, Lenny und Waqas auch hierzulande das ganz große Chart-Comeback zu bescheren.