Foto: James Minchin
LABEL: EPC
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Wenn sich Isaac Slade an jene Situation vor mehr als drei Jahren erinnert, muss er heute noch schmunzeln: Er hatte gerade die letzten Akkorde seines Piano-Parts für den letzten Song des The-Fray-Debütalbums „How To Save A Life” eingespielt, da konfrontierte ihn Co-Produzent Aaron Johnson mit der Frage, wie denn das zweite Album wohl werden würde. „Ich habe ihn ausgelacht - er blieb aber vollkommen ernst“, erinnert sich Slade. „Ich sagte: ‚Du machst Witze, oder?’, er meinte: ‚Nein. Du musst JETZT mit dem Songschreiben anfangen.“
Slade und seine Kollegen, Gitarrist und Sänger Joe King, Schlagzeuger Ben Wysocki und Gitarrist Dave Welsh nahmen den Hinweis dankbar an. „Sechs Monate später war der erste Song fertig“, sagt Slade, „wir hatten ihn also eine ziemlich lange Zeit mit uns herum getragen.“
Zugegeben: Es war auch eine sehr spezielle Zeit für The Fray. Die aus Denver stammende Band spielte rund um den Globus ausverkaufte Konzerte, um die Songs ihres Erstlings „How To Save A Life“ vorzustellen, der 2005 erschien und sich in der Folgezeit alleine in den USA mehr als drei Millionen Mal verkaufte. Die hoch melodischen Hitsingles „Cable Car (Over My Head)” und der Titelsong „How To Save A Life“ fanden weltweit den Weg sowohl in die Airplay- und Verkaufscharts als auch in die Herzen der Menschen – und nicht zuletzt auch auf den Soundtrack der Fernseh-Sensation „Grey’s Anatomy”.
Den explosiven Karrierestart, der jeden jungen Musiker vor Neid erblassen lassen würde, krönten schließlich drei Grammy-Nominierungen.
Doch die Art von Erfolg kann einem auch leicht zu Kopf steigen und die Sinne verwirren – rückbetrachtend geben alle vier Bandmitglieder zu, in ihrer plötzlichen Berühmtheit Momente nachweislicher Unbesonnenheit erlebt zu haben. „Es ist ein ständiger Kampf, dem man sich zu stellen hat, wenn man berühmt oder erfolgreich wird – und es tut einem Menschen auch nicht gut“, erklärt King. „Aber wir haben Leute um uns herum, die uns immer wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholen. Irgendwann musste uns jeder von ihnen in der einen oder anderen Situation daran erinnern, dass wir nicht besser als andere sind.“
„Wir haben uns sehr bemüht, wieder jene Menschen zu sein, die wir wirklich sind und das zu tun, was wir schon immer getan haben“, sagt Wysocki, „wir sind vier Freunde, die zusammen Musik machen.“ Nachdem sie diese Perspektive wiedererlangt hatten, beschlossen die Freunde, sich nicht mehr all zu ernst zu nehmen – ganz im Gegensatz zu ihrer Kunst. Schließlich hatte das Quartett ein neues Album zu produzieren. Die Arbeiten dafür begannen im Sommer 2007.
„Viele Leute kennen uns wegen zwei Songs, und die sind ziemlich extrem – der eine ist ziemlich ‚up’ und der andere ziemlich ‚down’“, sagt Slade, Sänger und Pianist der Band. Er und King sind die Hauptsongwriter bei The Fray und haben u. a. die beiden großen Hits geschrieben. „Das neue Album hat mehr Tiefe. Um diese Songs schreiben zu können, mussten wir mit einer ausgesprochenen Ernsthaftigkeit und Nüchternheit an die Sache herangehen“, erläutert Slade. „Wir wollten Songs schreiben, auf die es ankommt. Ich bin sehr glücklich mit dem Album, denn ich habe das Gefühl, dass wir dieses Ziel erreicht haben. Die Stücke haben einen Bezug zu uns.“
So wie die Bandgeschichte zu Beginn des Jahres 2002 einen völlig natürlichen Anfang nahm, als die einstigen Schulfreunde Slade und King sich in einem Gitarrenladen über den Weg liefen, so beginnt auch der Song „You Found Me“ vom neuen Album: ausgesprochen unaufgeregt. Slade sinniert am Piano über eine zunächst verloren geglaubte und dann doch wieder gefundene Seele. Und genau wie der Aufstieg der Band in den vergangenen Jahren steigert sich der Song dann unaufhaltsam vom intimen, zurückhaltenden Beginn zu einem gewaltigen Opus mit beeindruckenden Gitarren- und Schlagzeug-Sounds, begleitet von Slades schmerzgeplagtem Gesang. Und hey - das ist nur EIN Stück des Albums.
Bei dem Song „Absolute“ pusht Slade seine Stimme in neue Gefilde und lotet die höheren Bereiche seines Stimmumfangs aus. Das schöne „Never Say Never“ ist mit einer Lebendigkeit und Dynamik ausgestattet, die vermuten lässt, dass der Song im Live-Einsatz nicht völlig fehl am Platz sein dürfte – immerhin jener Ort, an dem die Band sich in den vergangenen drei Jahren ihren Feinschliff verpasste. Bei ihrem Homecoming-Konzert im Bluebird Theater in Denver brachten The Fray Anfang 2008 vorsätzlich einige brandneue Stücke zur Uraufführung, um die Reaktion des Publikums auf die Neu-Kompositionen zu testen, bevor man sich wieder an die Studioarbeit machte.
„Bei unseren ersten Studio-Erfahrungen, die wir während der Aufnahmen zu ‚How To Save A Life’ sammeln konnten, hatten wir manchmal Ideen in unseren Köpfen, aber wir wussten noch nicht, wie wir diese tatsächlich auf das Album bringen konnten“, sagt Welch. „Wir sind jetzt wesentlich bessere Musiker und jeder von uns fängt langsam damit an, außerhalb der bekannten Wege zu denken. Ich habe mich diesmal nicht nur auf meine Gitarre konzentriert, sondern auch Synthesizer- und Keyboard-Parts eingespielt. Ich liebe es, musikalisches Neuland zu erkunden.“
Wiedervereint mit den Produzenten Mike Flynn und Aaron Johnson, begannen die Bandmitglieder mit der musikalischen Expedition für ihr neues Album an einem musikhistorischen Ort – im Studio The Plant im kalifornischen Sausalito. Doch es sollte sich herausstellen, dass sich die Band nur in ihrem unspektakulären Studio im heimatlichen Denver so richtig wohl fühlt. Dort arbeiteten sie in einer klassischen Sechs-Tage-Woche am Follow-Up zu ihrem sensationell erfolgreichen Debüt.
Trotz des erlangten Ruhmes und damit verbundenen Lifestyles bot der Alltag der Vier genug Material für über 30 Songs, aus denen die Endauswahl für das Album getroffen werden musste. „Der Erfolg bringt auch eine Menge Dramatik mit sich“, sagt King, „bei mir ging das Karrierehoch mit einem extremen Beziehungstief einher. Ich hatte also eine Menge Themen, über die ich schreiben konnte.“
„Drei von uns heirateten in den vergangenen drei Jahren“, ergänzt Welch, lediglich Kings Ehe datiert aus der Zeit vor der Bandgründung. „Neun oder zehn Monate im Jahr auf Tour zu sein und gleichzeitig eine Frau zu Hause zu haben, mit der man sein Leben teilen möchte, ist atemberaubend schwierig. Wenn man eine Sache herausgreifen möchte, die die größte Herausforderung war, dann wäre es wohl dies.“
Der Song „Absolute“ mit der Zeile „a sailor in a new port every night” könnte sehr wohl vom Risiko von Fernbeziehungen und dem Tourleben handeln. Noch deutlicher kommt das Thema in „Never Say Never“ zum Ausdruck, einem Liebeslied, in dem zwei Menschen auseinander gerissen werden und immer wieder zusammen kommen. „Auf diesem Alben finden sich viele Selbsterkenntnisse“, sagt King. „Wir singen über reale Dinge, die wir tatsächlich erlebt haben. Es ist nicht angenehm, darüber zu sprechen. Wesentlich leichter fällt es mir allerdings, darüber zu singen. Das ist dann eine andere Seite von mir. Die Texte kommen bei den meisten Songs übrigens ganz zum Schluss, kurz vor Fertigstellung eines Stücks.“
„Unser großes Ziel war, dass wir bei diesen Songs in jeder Hinsicht ehrlich sind“, erklärt Welsh. „Die Stücke enthalten allerdings viel mehr Fragen als Antworten“, sagt Slade. „Aber es gibt überall auf der Platte auch lichte Momente. Ich bin sehr stolz, wie es uns gelungen ist, sehr extreme Perspektiven einzufangen. Viele der Texte sind super intim und handeln vom Innenleben von Beziehungen. Und einige handeln vom Kampf des Menschen.“
Jeder einzelne Track auf dem Album wurde mit großer Sorgfalt und Aufmerksamkeit bedacht – ein zeitintensiver Prozess, der u. a. erklärt, warum die Band ein ganzes Jahr zur Fertigstellung benötigte. „Wir haben uns für jeden Song viel Zeit gelassen, und ich hoffe, dass man das dem Album anmerkt. Es ist insgesamt sehr ausgeglichen”, sagt Slade. „Die intimen Songs sind sehr speziell – aber eigentlich gilt das auch für die großen, lauten Stück. Wenn ich Fan einer Band bin und ich mir ihr zweites Album anhöre, dann suche ich automatisch nach Dingen, zu denen ich einen Bezug habe – eben jene Elemente, die mir auf dem ersten Album gefallen haben. Dann achte ich darauf, ob sich die Musik verändert hat – ist sie besser oder schlechter geworden? Hoffentlich kommen die Fans zu dem Schluss, dass wir uns weiterentwickelt haben und dass wir uns ein wenig verändert haben. Und ich würde mir wünschen, dass sie sich das Album anhören und sagen: ‚Sie sind immer noch die Selben geblieben.“
Tracklisting - Syndicate
- Absolute
- You Found Me
- Say When
- Never Say Never
- Where The Story Ends
- Enough For Now
- Ungodly Hour
- We Build Then We Break
- Happiness
(Quelle: Sony Music, 2009)
FORMAT: CD
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